Jahresbericht: Geldwäsche, Missbrauch und viele Knöllchen

Vatikan-Staatsanwalt ermittelt wegen Missbrauchs

Veröffentlicht am 03.02.2018 um 16:25 Uhr – Lesedauer: 
Justiz

Vatikanstadt ‐ Nach dem Jahresbericht des vatikanischen Staatsanwalts ermittelt der Vatikan in zwei Verdachtsfällen auf Missbrauch Minderjähriger. Auch sei eine Anklage wegen Geldwäsche eingegangen – und man habe viele Knöllchen verteilt.

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Der Vatikan hat erste Ermittlungen zu zwei Fällen von Verdacht auf Missbrauch Minderjähriger aufgenommen. In jüngster Zeit seien "zwei Fälle unterschiedlicher Umstände und Erheblichkeit" von "Straftaten gegen Personen, im Besonderen gegen Minderjährige" eingegangen, sagte der vatikanische Staatsanwalt Gian Piero Milano am Samstag zur Eröffnung des Gerichtsjahres im Vatikan. Er betonte, zum aktuellen Zeitpunkt handele es sich um Verdachtsfälle.

Es gebe erste Ermittlungen, die zum Schutz aller Betroffenen in absoluter Verschwiegenheit erfolgten, berichtete der Staatsanwalt. Einige italienische Medien mutmaßten daraufhin, es könne sich unter anderem um Ermittlungen zu Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs im vatikanischen Priesterseminar "Preseminario San Pio X" handeln. Diese hatten im November 2017 durch ein "Enthüllungsbuch" und eine italienische Fernsehsendung für Schlagzeilen gesorgt. Das vatikanische Presseamt teilte kurz danach mit, zu den bereits einige Jahre zurückliegenden Vorgängen sei eine neue Untersuchung im Gang.

Staatsanwalt Milano erinnerte in seinem Bericht am Samstag - ausdrücklich "ohne Bezugnahme auf irgendwelche speziellen Fälle" - daran, dass Papst Franziskus sexuellen Missbrauch mehrfach scharf verurteilt habe.

Anklage wegen Geldwäsche eingegangen

Zudem ist beim Vatikangericht in den vergangenen Tagen eine erste Anklage wegen des Verdachts auf Geldwäsche eingegangen. Die Anklage sei auch dank internationaler Zusammenarbeit möglich geworden, erklärte Milano in seinem Bericht. Er teilte weiter mit, dass auf diese erste Anklage hin "in Kürze" eine zweite folgen werde. Wegen des Verdachts auf Geldwäsche beschlagnahmte die Justiz im Vatikan im Zeitraum von 2013 bis 2017 dem Bericht nach knapp 22 Millionen Euro sowie rund 4,8 Millionen US-Dollar und weitere Gelder in diversen Währungen.

Linktipp: Nach Missbrauchsvorwurf Ermittlungen im Vatikan

Mehrere Medien hatten über einen möglichen Missbrauch unter Seminaristen des Jugendseminars "San Pio X" auf vatikanischem Boden berichtet. Nun sollen die schwerwiegenden Vorwürfe aufgeklärt werden. (Artikel vom November 2017)

Der Staatsanwalt wertete dies als Ergebnis der vom Vatikan getroffenen Maßnahmen gegen Geldwäsche, die in den vergangenen Jahren internationalen Standards angepasst wurden. Der Prüfausschuss des Europarates für Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung, Moneyval, hatte dem Vatikan im Dezember Fortschritte bei der Finanztransparenz bescheinigt, mahnte aber eine bessere Durchsetzung des Rechts an.

Papst Benedikt XVI. (2005-2013) gründete Ende 2010 die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde Autorita di informazione finanziaria (AIF), die verdächtige Geldflüsse an die vatikanische Justiz weiterleitet. Chef der AIF ist der Schweizer Rene Brülhart, der zuvor die Anti-Geldwäsche-Behörde von Liechtenstein leitete.

Fast 250 Knöllchen im Vatikan

Eher zum Schmunzeln regt die Auflistung der Verkehrssünder im Vatikan in der Statistik ein: 247 Strafzettel verteilte die Polizei des kleinsten Staates der Welt vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.

Die Zahl der Knöllchen stiegt im Vergleich zum Vorjahr beträchtlich: Von 2015 bis 2016 verteilte die Vatikan-Polizei nur 135 Strafzettel. Dabei gibt es klare Regeln. So gilt auf dem rund 44 Hektar großen vatikanischen Territorium ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern. (luk/KNA)