Feige: Mit zeitlichem Abstand wird DDR noch lächerlicher
Magdeburgs Bischof Gerhard Feige sieht die DDR kritischer denn je. "Je größer der Abstand dazu wird, was ich fast 40 Jahre in der DDR miterlebt habe, umso unglaublicher, makabrer und lächerlicher erscheint mir vieles", sagte Feige am Montag in Magdeburg der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Gleichwohl sei nach dem Mauerfall kein Paradies ausgebrochen, und viele Probleme seien weiterhin zu bewältigen.
"Dennoch wünsche ich mir keinen einzigen Augenblick die sozialistische 'Diktatur des Proletariates' mit ihrem Versuch der 'Zwangsbeglückung', ihrer Scheindemokratie und ihrem Spitzelsystem zurück", hob Feige hervor. Am Montag waren 10.315 Tage seit dem Mauerfall am 9. November 1989 vergangen. An diesem sogenannten "Zirkeltag" ist die Mauer, die zwischen 1961 und 1989 Berlin über 28 Jahre teilte, genauso lange Geschichte, wie sie stand.
Zu DDR-Zeiten hatten sich Feige nach eigenen Angaben zwei Daten besonders eingeprägt: der 13. August 1961, an dem die Mauer gebaut wurde, und der 21. August 1968, an dem der "Prager Frühling" durch die Truppen des Warschauer Paktes niedergeschlagen wurde. "Noch im Herbst 1989 konnte ich mir nicht vorstellen, dass die DDR bald wie ein Kartenhaus zusammenbricht", so Feige. Eher habe er befürchtet, dass Panzer rollen würden, wie im selben Jahr auf dem "Platz des himmlischen Friedens" in Peking. "Als aber dann alles doch völlig anders kam, ging es mir wie vielen anderen: Wir fühlten uns einfach wie Träumende und brauchten erst einige Zeit, um an das Wunder zu glauben", resümierte der 1951 in Halle/Saale geborene Oberhirte.
Bischof Timmerevers sieht "Wunder biblischen Ausmaßes"
Als "Wunder biblischen Ausmaßes" hat der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers den Mauerfall bezeichnet. "Ich wünsche mir sehr, dass der Blick auf dieses Geschenk bei allen Schwierigkeiten und Konflikten auch in Zukunft das weitere Zusammenwachsen von Ost und West immer neu beflügelt", sagte Timmerevers am Montag in Dresden auf Anfrage. Der gebürtige Südoldenburger leitet das ostdeutsche Bistum seit August 2016.
Die Berliner Mauer habe das Land gut 28 Jahre lang gespalten, "ging als Riss durch Regionen, trennte Familien und Freundschaften", so der Bischof. "Auf den Tag genauso lange dürfen wir uns nun darüber freuen, dass unsere Heimat nicht mehr durch diese unüberwindbare Grenze zerschnitten wird." Timmerevers hatte vor gut vier Monaten bilanziert, ihm sei nicht wirklich bewusst gewesen, "dass sich mit der Friedlichen Revolution praktisch für alle Menschen im Osten das Leben total verändert hat". Das werde "in westdeutscher Perspektive häufig nicht gesehen". (bod/KNA)