Tipps für Pfarreien gegen Rechtspopulismus
Die gegenwärtig teils rasante Zunahme von Rechtspopulismus in der Gesellschaft fordert auch die Kirchen heraus. Sympathie mit rechtsradikalen Positionen macht vor Kirchentüren und Pfarrsälen nicht halt. AfD-Anhänger engagieren sich auch in kirchlichen Gremien und Gruppen. Spannungen bleiben da nicht aus und stellen Pfarrgemeinden vor neue Herausforderungen: Wie umgehen mit den konträren Positionen und Ansichten? Sind eine konstruktive Auseinandersetzung und Dialog überhaupt möglich? Und wo müssen rote Linien gezogen werden?
Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige hat immer wieder mit profilierten Statements gegen Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit klar Position bezogen. Und er verschließt die Augen nicht davor, dass Christen keineswegs gegen diese Strömungen immun sind. "Auch unter uns gibt es einzelne Personen, bestimmte Kreise und gewisse Richtungen, die dafür anfällig sind, sich selbst und ihre Überzeugung zum alleinigen Maßstab aller Dinge zu machen, unversöhnlich zu polarisieren und Andersdenkende zu diffamieren", heißt es in seinem jüngst veröffentlichten Fastenhirtenbrief. Doch Feige sucht auch nach einem konstruktiven Umgang mit dem Phänomen. Dazu hat das Bistum Magdeburg jetzt eine Broschüre veröffentlicht - mit zahlreichen Praxistipps, Hinweisen auf Initiativen mit nachhaltiger Wirkung und theologischen Gedanken zum Thema.
"Nach menschenfreundlichen und konstruktiven Lösungen suchen"
Im Vorwort zum Heft "Kultur der Aufmerksamkeit - für Weltoffenheit und Demokratie" markiert Feige zunächst die rote Linie: "Rechtspopulistische Positionen, in denen sich derzeit nicht wenige Menschen wiederfinden, stellen die grundlegenden Werte des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft in Frage. Erst recht sind sie mit dem christlichen Glauben unvereinbar." Den theologischen Unterbau dafür liefern in der Broschüre unterschiedliche Artikel, etwa zum "Christsein im Angesicht des Anderen". Die Absage gegenüber jeder Art von Fremdenfeindlichkeit sei für Christinnen und Christen "nicht verhandelbar", so der Bischof. "Wir haben den Auftrag, zusammen mit anderen nach menschenfreundlichen und konstruktiven Lösungen zu suchen."
Kirchliche Akteure und Pfarreien werden in politischen Auseinandersetzungen und lokalen Konflikten oft als neutraler Boden wahrgenommen, auf dem sich unterschiedliche Menschen treffen und Gespräche konstruktiv stattfinden können, stellt die Broschüre fest. So würden oft auch Pfarrerinnen und Pfarrer zur Moderation angefragt. Das sei eine große Chance für die Kirchen, berge allerdings auch Herausforderungen, "da die Neutralität im Konflikt mit einer menschenfreundlichen und respektvollen Haltung beziehungsweise der christlichen Ethik stehen kann".
Grundsätzlich gelte es, menschenfeindliche Positionen zu ächten, aber die Gesprächspartner zu achten. Gleichwohl sei immer genau zu überlegen, welche Gesprächsform die passende für den Konflikt sei. Nicht immer erweise sich ein großer öffentlicher Rahmen als hilfreich. Wichtig sei eine wohl überlegte Auswahl der Gesprächspartner, eine Berücksichtigung und angemessene Einbeziehung aller Betroffenen, die Festlegung von Gesprächsregeln – und Einsicht in die Unmöglichkeit, alle Probleme an einem Abend zu lösen. Ganz konkret führt das Heft Methoden auf, mit denen ein konstruktiver Einstieg in ein Gespräch zu rechtspopulistischen Themen gelingen kann und strittige Punkte in guter Gesprächsatmosphäre diskutiert werden können.
Lernziel: Christen zum Einsatz für Demokratie befähigen
Dabei geht es auch darum, Christen konkret zum Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit zu befähigen: "Ich fühle mich fit, um im Alltag spontan zivil-couragiert einzugreifen. Zum Rechtsextremismus in meiner Region bin ich gut informiert. Ich weiß, an wen ich mich wenden kann, wenn ich mit rechtsextremen Ereignissen oder menschenverachtenden Äußerungen konfrontiert bin. Ich kann Menschen in zwei Sätzen verständlich erklären, was ich unter Demokratie verstehe", formuliert die Broschüre als Lernziele.
Überdies gibt es eine Checkliste, was sich etwa tun lässt, wenn eine rechtsextreme Demonstration stattfindet und man Zeichen dagegen setzen will. Ergänzt wird dies durch eine Liste mit Anlaufstellen, Gedenktagen, ausgewählten Büchern, Artikel, Download-Links und Internetseiten zum Thema.