Seehofer: Satz "Islam gehört zu Deutschland" falsch
Der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer hält den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" für falsch. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten", sagte der CSU-Chef, dessen Ministerium auch für die Themen Migration und Heimat zuständig ist, der "Bild"-Zeitung (Freitag). "Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben."
Der Satz war 2010 durch den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff geprägt worden. Er hatte heftige Debatten ausgelöst. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihn sich ausdrücklich zu Eigen gemacht - was Seehofer damals zu bewerten abgelehnt hatte. Andere haben Wulffs Satz widersprochen, Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) etwa mit exakt der gleichen Argumentation wie jetzt Seehofer.
Seehofer will Islamkonferenzen einberufen
Der neue Minister kündigte an, erneut Islamkonferenzen einzuberufen, um über Integrationsprobleme von Muslimen zu diskutieren. "Wir müssen uns mit den muslimischen Verbänden an einen Tisch setzen und den Dialog suchen und da wo nötig noch ausbauen", sagte er. Bei den bisherigen Konferenzen beriet der jeweilige Innenminister mit Islamverbänden und Muslimvertretern über Migrationsthemen. Seehofer sagte: "Meine Botschaft lautet: Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns. Um das zu erreichen, brauchen wir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Das erreicht man nur, wenn man miteinander spricht."
Mit Hochdruck will er zudem die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen ("Anker-Zentren") vorantreiben, in denen Asylbewerber nach ihrer Ankunft untergebracht werden sollen, bis über Ihren Antrag entschieden ist. "Dieses Gesetzesvorhaben wollen wir noch bis zur Sommerpause angehen. Ein erstes 'Anker-Zentrum' soll bis zum Herbst entstehen."
Die Deutsche Bischofskonferenz äußert sich zurückhaltend von Seehofer angestoßenen Islam-Debatte. Über das Thema sei in den zurückliegenden Jahren ausführlich diskutiert worden. "Letztlich hat sich die Debatte als nicht zielführend erwiesen. Wir werden uns deshalb nicht an einer Neuauflage beteiligen", erklärte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Freitag in Bonn. Er ergänzte: "Die Einberufung der Islamkonferenz - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - begrüßen wir."
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin kritisierte Seehofers Äußerung. "So setzt die CSU ihren fatalen Kurs fort und macht Wahlkampf für die AfD", sagte Trittin am Freitag im Südwestrundfunk (SWR). Seehofers Einschränkung, die hier lebenden Muslime gehörten trotzdem zu Deutschland, ließ Trittin nicht gelten: "Das ist die Redeweise, die man kennt: 'Ich habe nichts gegen Ausländer, aber ...'", so der Politiker. Ein Heimatminister, der es als erste Aufgabe sehe, die Heimat zu spalten, sei "fehl am Platze".
Trittin spricht von konstruierter Bedrohung
Trittin betonte: "Natürlich leben viele Muslime in diesem Land. Sie sind hier aufgewachsen. Und natürlich gehört ihr Glaube zu diesem Land." Es gebe keine Bedrohung der christlich-abendländischen Traditionen in Deutschland. "Nach wie vor findet jeden Herbst in München das Oktoberfest statt", sagte der ehemalige Umweltminister. Es werde eine Bedrohung konstruiert, die es in der Realität überhaupt nicht gebe.
Die Linken-Politikerin Petra Pau bezeichnete Seehofers Aussagen als "Unsinn". "«Die Menschen muslimischen Glaubens gehören allesamt zu Deutschland. Ich halte es für verantwortungslos, dass der Innenminister gleich nach seiner Amtseinführung hier zündelt", sagte sie am Freitag dem Sender n-tv. Die Aufgabe des Ministers sei es, für öffentliche Sicherheit zu sorgen – "für alle Menschen, die hier leben", so die Vizepräsidentin des Bundestages. Zu den Äußerungen Seehofers, die hier lebenden Muslime gehörten zu Deutschland, der Islam aber nicht, sagte Pau: "Was ist das für ein Unsinn. Muslime glauben an ihren Gott, und der Islam ist ihre Religion. Also gehört das genauso zu Deutschland wie anderes. Ich denke, wir haben ganz andere Sorgen in diesem Land." (bod/dpa/KNA)