Brauchtum und Legenden rund um den Erzengel Michael

Mit Schwert und Lanze

Veröffentlicht am 29.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Kirchenjahr

Bonn ‐ Der Name des Erzengels Michael stammt aus dem Hebräischen und bedeutet "Wer ist wie Gott?". Im Buch Daniel (10,13) wird er als Kämpfer für das Volk Israel bezeichnet: "Der Engelfürst des Perserreiches hat sich mir 21 Tage lang entgegengestellt, aber Michael, einer der ersten unter den Engelfürsten, kam mir zu Hilfe...".

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In der Offenbarung des Johannes befördert Michael mit seinen Engeln den Satan, der dort als Drache bezeichnet wird, aus dem Himmel: "Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen." (Offenbarung 12,7-9).

Der Engel mit dem Flammenschwert

Auf diese Bibelstelle geht eine Legende zurück: Gott hatte, bevor die Erde entstand, ein großes Heer von Engeln und Erzengeln erschaffen. Einer von ihnen hieß Michael, ein anderer Luzifer – "Lichtträger". Dieser war auserwählt, das Licht vor dem Thron Gottes zu hüten. Eine Schar Engel um Luzifer erhoben sich gegen Gott. Sie wollten ihm nicht mehr dienen und riefen aus: "Wir sind selbst wie Gott." Da wurde der Erzengel Michael zornig. Er sammelte die guten Engel um sich und rief Luzifer und seinen Anhängern zu: "Wer ist wie Gott?"

Es folgte ein erbitterter Kampf. Dieser endete damit, dass Michael seine Gegner mit seinem Flammenschwert an einen Abgrund drängte und hinunter stürzte. Doch Luzifer sinnt - so die Legende - immer noch auf Rache. Er setzt alles daran, die Menschen zu verführen und so von Gott zu trennen. Der Erzengel Michael aber steht auf der Seite der gottesfürchtigen Menschen. Er gilt als Beschützer aller Christen und Seelenbegleiter der Verstorbenen. In Anlehnung an den Kampf mit Luzifer wird er oft mit Schwert und Lanze dargestellt - aber auch mit einer Waage. Es heißt, dass er mit ihr die Seelen der Verstorbenen wiegt.

Mont Saint Michel

Viele Kirchen sind dem Erzengel Michael gewidmet. Eine besonders markante und berühmte ist die auf einer Felsinsel im französischen Atlantik gelegene Kirche Saint Michel. Einst war der Felsen komplett vom Meer umspült.

Eine Legende erzählt, dass der Erzengel Michael im Jahre 708 Bischof Aubert von Avranches im Traum erschienen sei. Er soll verlangt haben, ihm zu Ehren eine Kapelle auf dem Granitfelsen zu errichten. Mit der Zeit wurde der Mont Saint Michel zu einem beliebten Wallfahrtsort. Aber auch zahlreiche Burgkapellen wurden dem Erzengel Michael geweiht. Man erhoffte sich, dass die Kampfeskraft des Engels auf die Burg und ihre Ritter übergeht.

Der weltberühmte Mont Saint Michel in Frankreich.
Bild: ©Olivier Rault/Fotolia.com

Der weltberühmte Mont Saint Michel in Frankreich.

Ein wichtiger Wettertag

Ludwig der Fromme, Sohn Karls des Großen, hat den Gedächtnistag für Michael im Jahr 813 bei der Mainzer Synode mit Absicht auf den 29. September gelegt. Denn an diesem Tag gedachten die Germanen ihres Gottes Wotan. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass sie am 29. September immer schon Herbstgerichtstag hielten. Dieser war mit einem großen Opferfest verbunden.

Viele Bräuche rund um den Michaelstag stammen aus germanischer Zeit. Er galt früher im bäuerlichen Alltag als Wettertag. Es gab entsprechende Bauernregeln, etwa: "Je weißer um Michaeli die Wolken sich ballen, desto mehr Schnee wird im Winter fallen." Oder: "Regnet's sanft am Micheltag, folgt ein milder Winter nach."

Beginn der Lichtarbeit

Früher wurde am Vorabend des 29. September ein Feuer angezündet - als Zeichen dafür, dass nun wieder Licht für die Arbeit benötigt wurde. Dieser Beginn der Lichtarbeit wurde auf dem Land gebührend gefeiert. Der Bauer lud seine Knechte und Mägde zum Essen ein. Vor allem in den angelsächsischen Ländern gab es am Michaelstag einen Gänsebraten. An diesem Tag durfte weder gesponnen noch Feldarbeit verrichtet werden.

Auch das Backen von Michaelswecken war in vielen Gegenden beliebt. In Flandern zum Beispiel legten Eltern ihren Kindern das süße Hefegebäck unters Kopfkissen. Und natürlich war der Jubel groß, wenn sie es am nächsten Morgen fanden. In Schottland lud man an St. Michael Verwandte, Freunde und Nachbarn zum St. Michaels-Kuchen ein. Wer davon aß, sollte fortan unter dem Schutz des Erzengels stehen.

Der deutsche Michel

Seit dem 17. Jahrhundert ist der Erzengel Michael der Schutzpatron der Deutschen. Erst durch die Französische Revolution wurde der "deutsche Michel" zur Spottgestalt. In Karikaturen als dümmlich, spießig und mit Zipfelmütze bekleidet dargestellt, galt der Michel als Inbegriff vermeintlich deutscher Eigenschaften wie naiv, bieder, schwerfällig und engstirnig. Aber warum eigentlich musste ausgerechnet der Name Michael für den Spott der Franzosen herhalten? Einfach erklärt: Dieser Vorname war in Deutschland immer schon sehr beliebt. Es bot sich für Karikaturisten deshalb an, ihre Spottfigur ebenfalls so zu nennen.

Von Margret Nußbaum

Tag der Erzengel

Der Michaelistag ist auch als der "Tag des Erzengels Michael und aller Engel" bekannt. Ludwig der Fromme (778-840) legte den Gedenktag auf den 29. September. Michael gilt als ranghöchster Engel und wird oft mit flammendem Schwert dargestellt. Er stürzte laut der Offenbarung Lucifer aus dem Himmelsreich und erweckt beim Jüngsten Gericht mit seiner Posaune die Toten aus den Gräbern. Er ist unter anderem Schutzpatron der Deutschen und aller Soldaten. Im Bauernkalender gilt der Michaelistag als Lostag für das kommende Wetter in Herbst und Winter.