Wiener Kardinal setzt auf Erziehung zur Freiheit

Schönborn gegen Kopftuchverbot für Mädchen

Veröffentlicht am 18.04.2018 um 15:00 Uhr – Lesedauer: 
Österreich

Wien ‐ Österreichs Regierung will Mädchen in Kindergärten und Grundschulen das Tragen des Kopftuchs verbieten. Kardinal Christoph Schönborn ist jedoch gegen ein Verbot. Er fordert stattdessen etwas anderes.

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Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat sich gegen ein von der österreichischen Regierung geplantes Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen ausgesprochen. "Von religiöser Seite her bin ich gegen einen neuen Zwang und plädiere für eine Erziehung zur Freiheit", sagte Schönborn dem "Kurier" am Mittwoch im Interview. Zugleich betonte er, es sei Aufgabe der Politik, über ein entsprechendes Verbot zu entscheiden.

Anfang April war bekanntgeworden, dass Österreich plant, Mädchen im Vorschulalter künftig ein Kopftuch zu verbieten. Ein entsprechendes Kinderschutzgesetz solle bis Sommer ausgearbeitet werden, berichteten österreichische Medien. Eine juristische Vorprüfung habe ergeben, dass ein Kopftuchverbot rechtlich möglich sei.

Er selbst baue in dieser Frage auf kulturelle Entwicklungen, betonte Schönborn. "In meiner Kindheit sind alle Frauen mit einem Kopftuch im Gottesdienst gesessen. Das ist heute völlig verschwunden." Umgekehrt habe es früher viel weniger Kopftücher bei Musliminnen gegeben. "Ich vertraue darauf, dass solche Entwicklungen keine Einbahnstraßen sind", so der Wiener Erzbischof.

Schönborn: Kopftuch als Erziehungsfrage sehen

Generell müsse die Frage umfassender gestellt werden. Zu beachten sei etwa auch die Erziehung der Männer: "Sind Frauenhaare etwas so Gefährliches, dass man sie vor Männern verstecken muss?" Beim Kopftuch handle es sich primär um eine kulturelle und keine religiöse Frage, so der Kardinal. "Ich plädiere dafür, dass das als Erziehungsfrage gesehen wird."

Der Islam steckt aus Sicht Schönborns derzeit in der größten Krise seiner Geschichte. Der innerislamische Konflikt sei mit dem Dreißigjährigen Krieg vergleichbar, "es geht um die Vormachtstellung zwischen Schiiten und Sunniten wie damals in Europa zwischen Katholiken und Protestanten". In unseren Breiten sei die Aufklärung die Folge eines "Kriegs bis zur Erschöpfung" gewesen, es habe sich die Einsicht durchgesetzt, dass man Politik und Religion trennen muss. "Diese Lektion hat der Islam noch vor sich", so Schönborn.

Nicht vorstellen kann sich der Kardinal, Muslimen eine Kirche als Moschee zur Verfügung zu stellen. Zwar gebe es in Wien immer weniger Katholiken, dafür wüchsen jedoch andere christliche Gemeinschaften - "etwa die Freikirchen, wie die Baptisten oder auch die Ostkirchen", die Bedarf an Gotteshäusern hätten. Eine Nutzung von Kirchen durch Muslime würden viele Katholiken aus Sicht Schönborns nicht verstehen. (KNA)