Nicht nur im Kloster: Ordensleben in Deutschland
Mit etwa 20.000 Mitgliedern stellen Ordensleute heute weniger als ein Promille aller Katholiken in Deutschland. Und doch fallen sie auf, die Schwestern und Brüder im Herrn. Zum Teil liegt das an ihrem Ordenskleid, dem sogenannten Habit, den viele von ihnen in der Öffentlichkeit tragen. Doch: Das Bild von der Nonne mit dem Schleier und dem Mönch mit der Kapuze zeigt nicht die ganze Wahrheit, sagt Prämonstratenserabt Hermann Josef Kugler. Beim "Tag der offenen Klöster" am 21. April will die deutsche Ordensobernkonferenz (DOK), deren Vorsitzender Kugler ist, das Bild gerade rücken.
Die Vorstellung von Schleier und Kapuze ist schon deshalb nicht richtig, weil längst nicht alle der zuletzt 15.923 Ordensfrauen und 4.029 Ordensmänner einen Habit tragen. Die Jesuiten, der drittgrößte deutsche Männerorden, kennen zum Beispiel gar kein spezielles Ordensgewand. Bei den Benediktinern, der größten Gruppe, und den Franziskanern, der zweitgrößten, ist es allerdings obligatorisch. Bei den Frauenorden stellen ebenfalls Benediktinerinnen und Franziskanerinnen die größten Gruppen, gefolgt von den Vinzentinerinnen. Auch sie kennen einen Habit – wenn sie nicht in ihren Arbeitsbereichen andere Kleidung tragen.
Allerdings besteht das Ordensleben aus viel mehr als wehenden Gewändern. Ordensleute in Deutschland gehören dutzenden Gemeinschaften an; bei den Männern waren es zuletzt 63, die Zahl der Frauenorden konnte selbst die DOK nicht genau beziffern. Unbestritten sind gerade die Frauen jedoch in einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsbereiche tätig. Sie wirken in der Seelsorge, in der Verwaltung, in der Krankenpflege oder an Schulen. In der Regel orientiert sich die Arbeit der tätigen Orden an ihrem jeweiligen Charisma, also dem grundsätzlichen Ziel, dem sich die jeweilige Gemeinschaft verschrieben hat.
In manchen Bereichen sind Ordensleute auch weit über den kirchlichen Bereich hinaus bekannt und vor allem bedeutsam. So haben beispielsweise Ordensschulen eine lange Tradition in Deutschland. Dachverband für derzeit 198 solcher Bildungseinrichtungen ist die "Vereinigung katholischer Schulen in Ordenstradition", kurz Ordensdirektorenvereinigung. Dazu zählen vor allem Schulen der Sekundarstufe, also Realschulen und Gymnasien, aber auch diverse andere Bildungsinstitute von der Grundschule bis hin zur Fachakademie. Mehr als die Hälfte der Ordensschulen befinden sich allein in Bayern (54) und Nordrhein-Westfalen (49), Platz Drei auf der Liste nimmt Baden-Württemberg mit 33 Einrichtungen ein.
Auch das deutsche Gesundheitswesen wäre ohne Orden kaum vorstellbar: Rund 200 der bundesweit 600 christlichen Krankenhäuser werden nach Angaben des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands direkt oder indirekt von Orden betrieben. Das ist die Hälfte aller katholischen Kliniken.
Linktipp: So verändert sich die Klosterlandschaft
Die Schließung der Abtei Himmerod ist ein Einschnitt in der deutschen Klosterlandschaft. Aber wie sieht die Situation der Orden insgesamt aus? Katholisch.de blickt in die Statistiken. (Artikel vom Oktober 2017)So breit gestreut wie die Einsatzorte sind auch die Lebensmittelpunkte der Ordensleute. Insgesamt 1.668 Niederlassungen zählte die DOK zuletzt: 419 für Männer und 1.249 für Frauen. Dieses weit verzweigte Netz von Klöstern und Kommunitäten hilft dabei nicht nur der Sichtbarkeit der Orden. Die Gemeinschaften machen sich dadurch auch erreichbar für Gläubige und grundsätzlich interessierte Menschen. Unter dem Stichwort "Atem holen" bieten bundesweit über 200 Häuser Möglichkeiten an, als Gast ins Kloster zu kommen. Zu den Angeboten zählen klassische Exerzitien ebenso wie spezialisierte Seminare oder die Teilnahme am Klosterleben auf Zeit.
In Zeiten des Mitgliederrückgangs und der Schließung zahlreicher Niederlassungen dürfte sich manche Ordensgemeinschaft durch solche Gästeangebote auch einen positiven Nebeneffekt erhoffen: Werbung für das Ordensleben. In ganz Deutschland hatten sich in den vergangenen Jahren insgesamt gut 100 Menschen dafür entschieden. Dabei vermeldeten die Männernorden 44 Novizen (2016), während die Frauen 61 Novizinnen zählten (2017). Unter den weiblichen Religiosen war dabei ein Trend zur Einkehr festzustellen: Ein Drittel der Neumitglieder trat in kontemplative Orden ein.
Die kontemplativen Gemeinschaften sind jene Orden, deren Mitglieder in strenger Abgeschiedenheit, Klausur genannt, ein Leben im Gebet führen. Anders als die sogenannten tätigen Orden haben sie wenig Kontakt zur Außenwelt und sind nicht in caritativen oder seelsorglichen Einrichtungen anzutreffen. Der "Tag der offenen Klöster" bietet eine der seltenen Gelegenheiten, auch solche Gemeinschaften kennen zu lernen.