#MuseumWeek: Zu Besuch im virtuellen Bibelmuseum
Das Bibelmuseum der Universität Münster hat eine beeindruckende Sammlung: Papyrusfragmente, gut 1000 Jahre alte Bibeln, Erstausgaben von Martin Luther, eine davon sogar mit einer handschriftlichen Widmung des Reformators. Auch ein Ziegelstein des Turms zu Babel gehört zu der Sammlung. Doch wer sich diese Schätze anschauen will, hat seit einigen Jahren in Münster keinen Erfolg: Seit 2014 wird das Bibelmuseum renoviert und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Oder wie es auf dem Instagram-Account @bibelmuseum heißt: #wegenUmbaugeschlossen – denn trotz Schließung gibt es viele der Exponate zu sehen, nur eben online und nicht in einem Ausstellungsraum. Das liegt am Kustos des Museums, Jan Graefe. Der promovierte Archäologe ist seit 2013 beim Bibelmuseum, das zum Institut für Neutestamentliche Textforschung gehört.
Einen Großteil seiner Tätigkeit hat er daher in einem quasi "virtuellen" Museum verbracht, auch wenn die Sammlung für die Wissenschaft weiterhin zugänglich ist. Nur für den Katholikentag in Münster wird das Museum kurz seine Tore öffnen: Kinder können dort wie einst Gutenberg auf einer alten Druckerpresse Bibelseiten drucken. "Seit 2014 sind wir auf Social-Media-Kanälen zu finden, zuerst auf Facebook und Twitter, später kam Instagram dazu", erzählt Graefe. "So zeigen wir, dass es uns noch gibt." Schließlich sei die Aufgabe des Museums, Sprachrohr der Forschung zu sein: Das Münsteraner Institut betreut die wichtigste textkritische Edition des griechischen Neuen Testaments, den "Nestle-Aland".
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Von Albanien bis Zimbabwe
Das Bibelmuseum vernetzt sich dabei online nicht nur mit seinen eigenen Followern: Schon zum dritten Mal nimmt es an der "#MuseumWeek" teil. Das erste "Weltweite Kultur-Event in sozialen Netzen", wie die Initiative sich selbst beschreibt, findet in diesem Jahr vom 23.–29. April statt. Tausende Museen und andere kulturelle Initiativen bringen in dieser Woche Schätze aus ihrem Bestand in die sozialen Netze, alles verbunden mit dem Hashtag #MuseumWeek: Wer auf Twitter, Facebook oder Instagram nach diesem Schlagwort sucht, findet zehntausende besondere Exponate. Schon in der Woche vor dem eigentlichen Aktionszeitraum sind über 15.000 Nachrichten, Bilder und Texte in den Netzwerken erschienen. Die Liste der teilnehmenden Einrichtungen ist beeindruckend. Der Pariser Louvre, die Sankt Petersburger Eremitage, der Palazzo Reale in Neapel, aber auch das Bonner Haus der Geschichte: Sie alle sind dabei. Museen aus 92 Ländern von Albanien bis Zimbabwe beteiligen sich. Mittlerweile wird das durch eine Online-Kooperation französischer Museen ins Leben gerufene Projekt von der UNESCO mitorganisiert.
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"Da besteht natürlich immer die Gefahr, dass man in der Masse untergeht, gerade als kleines Haus", erläutert Graefe. Aber auch als kleineres Museum bietet die Aktion große Chancen; auch die Museumsprofis entdecken Neues und knüpfen interessante Kontakte. Graefe nennt das historische Museum Burg Posterstein in Thüringen, ein besonders fleißiger Beiträger bei den vergangenen #MuseumWeeks: Die zeigten Bilder einer Bibel aus dem frühen 16. Jahrhundert; zur Sammlung in Münster gehört eine ähnliche Ausgabe desselben Druckers – allerdings fehlt den Münsteranern das Titelblatt, das bei der Ausgabe auf Burg Posterstein erhalten ist. Erst über die #MuseumWeek erfuhren die beiden Häuser, dass sich ihre Sammlungen ergänzen: So führt der Austausch über Social Media auch zu Kontakten, die den Forschern helfen, Lücken in der eigenen Sammlung zu schließen.
Nur wenige kirchliche Museen beteiligt
Auch wenn weltweit tausende Museen teilnehmen: Kirchliche Einrichtungen sind dabei wenig vertreten, obwohl es allein in Deutschland schon eine Vielzahl von Domschätzen, Diözesanmuseen und missionswissenschaftlichen Sammlungen gibt. Neben dem Bibelmuseum der Uni Münster, einer staatlichen Einrichtung, nimmt anscheinend nur Kolumba teil, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Eine Anfrage an die "Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft kirchlicher Museen und Schatzkammern" blieb unbeantwortet, etliche kirchliche Museen haben mitgeteilt, dass sie nicht teilnehmen.
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Anja Bütehorn vom Kolumba hat eine Vermutung, woran das liegt: Oft hätten kirchliche Museen nicht das nötige Personal, um auch noch in den sozialen Medien präsent zu sein. "Auch wir haben das Problem, dass nicht genug Manpower da ist, um die Netze permanent zu bedienen", erläutert sie. Meistens steht und fällt diese Form der Kulturvermittlung damit, ob es engagierte Mitarbeiter gibt, die die Sache in die Hand nehmen. Auch im Bibelmuseum, berichtet Graefe, wäre man wohl online nicht so präsent, wenn er nicht selbst so aktiv in den sozialen Netzen wäre. So kommt es dann, dass der Dritte im Bunde der kirchennahen #MuseumWeek-Teilnehmer auch auf das Konto von Jan Graefe geht: @bibelmuseen präsentiert die Exponate von insgesamt acht deutschen Bibelmuseen.
Von der mangelnden Manpower lässt sich Anja Bütehorn nicht beeindrucken: Die Präsenz von Kolumba kann sich online sehen lassen. Über 1000 Menschen folgen allein auf Instagram dem Account @kolumba_artmuseum und bekommen so einen Überblick in aktuelle Ausstellungen und Eindrücke von der beeindruckenden Architektur Peter Zumthors, der das Museumsgebäude im Herzen Kölns entworfen hat.
Sieben Themen für sieben Tage
Wie das Bibelmuseum gehört auch Kolumba schon zum dritten Mal zu den Teilnehmern der #MuseumWeek. Bütehörn schätzt an der Aktion die Vernetzung mit potentiellen Besuchern und anderen Museen – und natürlich auch, dass die gemeinsame Aktion sich positiv auf die Kennzahlen ihrer Online-Auftritte auswirkt: Die Zahl der Likes und Follower steigt regelmäßig in der Aktionswoche.
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Für jeden einzelnen Tag der Woche haben die Veranstalter ein eigenes Spezialthema festgelegt. Jeder Tag wird durch ein Hashtag geprägt: Unter den Schlagworten #womenMW, #cityMW, #heritageMW, #professionsMW, #kidsMW, #natureMW und #differenceMW beschäftigen sich die teilnehmenden Museen mit Frauen, Städten, Kulturerbe, Museums-Berufen, Kindern, Natur und interkulturellen Themen. Alle dieser Themen werden dabei auch von Kolumba bespielt – virtuelle Museumsbesucher dürfen sich also auf vielfältige Einblicke in das Kölner Kunstmuseum freuen. Was genau gibt es zu sehen? Bütehorn lacht: "Wenn ich das jetzt schon verrate, brauchen Sie ja nicht mehr reinzuschauen!"