Exklusiv: Kurienkardinal zum Eucharistie-Streit in Deutschland

Kasper: Ehrlich über Kommunion-Teilnahme nachdenken

Veröffentlicht am 23.04.2018 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Ökumene

Vatikanstadt ‐ Im Vatikan war Kardinal Walter Kasper für die Ökumene zuständig. Was er vom aktuellen Streit um die Euchariste für evangelische Ehepartner in Deutschland hält, hat er für katholisch.de aufgeschrieben.

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Der Streit über die Teilnahme evangelischer Ehepartner an der Kommunion hat innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz einen schweren Schaden angerichtet. Jeder Christ ist durch die Taufe ein für alle Mal in die eine heilige Kirche Jesu Christi eingegliedert. Das verbindet katholische und evangelische Christen schon heute. Sie sind schon eine Kirche, wenngleich nicht in voller Gemeinschaft.  

Bei konfessionsverschiedenen Paaren kommt hinzu, dass sie durch das sakramentale Band der Ehe verbunden sind. Durch dieses Sakrament sind sie in das Geheimnis des Bundes Christi mit seiner Kirche hineingenommen (Eph 5,32). Sie sind zusammen mit ihren Kindern Hauskirche. Wenn sie das, was sie durch die Taufe und das Sakrament der Ehe sind, wirklich leben, dann haben sie verständlicher Weise das innere Verlangen, gemeinsam voll an der Eucharistie teilzuhaben, die ja Quelle und Höhepunkt des christlichen Lebens ist.

Die Eucharistie ist wie alle Sakramente ein Sakrament des Glaubens. Darin stimmen katholische und evangelische Christen grundsätzlich überein. Man kann das Sakrament der Eucharistie darum ehrlicherweise nur in der Kirche empfangen, deren eucharistischen Glauben man teilt. Ein evangelischer Christ, wird sich darum fragen, ob der das, was Katholiken bei der Feier der Eucharistie im Glauben tun, im Glauben teilen kann.

Sie sollen dazu sagen: "Amen. Ja, das glaube ich"

Dabei wird man die Latte bei evangelischen Christen nicht höher hängen dürfen als bei einem normalen, einigermaßen im Glauben unterrichteten Katholiken. Niemand wird von ihm erwarten, dass er die katholische Transsubstantiationslehre im Unterschied zur lutherischen Konsubstantiationslehre aufsagen kann. Beide müssen sich aber beim Empfang der Eucharistie bewusst sein: "Das ist der Leib Christi", und sie sollen dazu sagen: "Amen. Ja, das glaube ich".  

Ein bekennender lutherischer Christ hat damit keine Schwierigkeiten; auch er glaubt und sagt, dass die eucharistischen Gaben Leib und Blut Christi sind. Oft glaubt er das sogar entschiedener als mancher katholische Taufscheinchrist. Zu Recht hat Augustinus von der Kirchengliedschaft gesagt: "Viele die draußen sind, sind in Wirklichkeit drinnen; viele aber, die drinnen sind, sind in Wirklichkeit draußen."

Das bedeutet: Es gibt für den Empfang der Eucharistie kein Pauschalurteil; es kommt bei katholischen wie bei evangelischen Christen immer auf den Einzelfall an. Beide müssen sich prüfen, ob sie von dem einen Brot essen und aus dem einen Kelche trinken können; tun sie es unwürdig, dann essen und trinken sie sich das Gericht (vgl. 1 Kor 11,27-28). Das sollte Grund sein, über die Teilnahme an der Eucharistie nicht nur evangelischer sondern auch katholischer Christen sowohl ökumenisch offen wie vor allem ehrlich nachzudenken.

Von Kardinal Walter Kasper

Der Autor

Kardinal Walter Kasper (*1933) ist emeritierter Kurienkardinal und ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.