So viel Kirche steckt in Meghans und Harrys Hochzeit
"Die kirchliche Hochzeit ist persönlich, bedeutungsvoll, spirituell und schön, genau wie Sie es wollen." So wirbt die Kirche von England für die Ehe. Und das aus gutem Grund, schließlich erfreut sich die Trauung im Gotteshaus in Großbritannien ähnlich wie in Deutschland zunehmend schwindender Beliebtheit. Mehr noch als alle Hochglanz-Webseiten oder Sinnsprüche könnte allerdings jenes Event bewirken, das am Samstag Millionen Menschen auf der ganzen Welt verfolgen werden: die königliche Hochzeit von Meghan Markle und Prinz Harry.
Dabei ist jetzt schon absehbar, dass die "Royal Wedding" vieles sein wird, aber wohl kaum persönlich und privat. Davon zeugt schon die schiere Gästezahl. Über zweieinhalb Tausend Menschen sollen der Feier innerhalb der Mauern des Schlosses Windsor beiwohnen, darunter 100 Schulkinder, über 250 Soldaten in Formation und etwa 500 Mitglieder des Hofes. Nicht bekannt gegeben hat der Palast unterdessen, wie viele der 600 Gäste mit Sitzplatz in der St. George's Chapel das Paar selbst aussuchen konnte; verschickt wurden die Einladungen im Namen des Bräutigam-Vaters, Prinz Charles'.
Wenn Oma das letzte Wort hat
Dass sich die Eltern bei einer Hochzeit einmischen, ist nicht nur unter Aristokraten relativ normal. Dass jedoch auch die Großmutter ganz offiziell ein entscheidendes Wort mitzureden hat, ist dann doch außergewöhnlich. Auch das unterscheidet die Liebeshochzeit von Meghan und Harry von bürgerlichen Trauungen: Bräutigam-Oma Königin Elizabeth II. ist per Gesetz dazu verpflichtet, der Hochzeit zuzustimmen. Sie tat dies per prächtig gestalteter Urkunde bereits am 18. März, wie der Palast erst dieser Tage mitteilte. Diese gesetzliche Vorgabe ist ein Rest alter Thronfolgeregularien und verwehrt den nächsten Angehörigen britischer Monarchen eine vollends selbstbestimmte Hochzeit bis heute.
Was nicht bedeutet, dass Meghan und Harry eine unpersönliche Trauung feiern werden. Es mag schließlich ein Vorteil der Zugehörigkeit zu einem herrschenden Haus sein, dass sich das Familienleben stets an den schönsten Orten des Landes abspielt. Zum Schloss Windsor, auf dem die Hochzeit stattfindet, hat gerade Harry eine besonders enge Beziehung, schließlich trägt er dessen Namen. Obwohl er während seines Militärdienstes schlicht als "Harry Wales" geführt wurde, lautet sein eigentlicher Familienname Mountbatten-Windsor. Allerdings nur theoretisch, da Angehörige des Königshauses offiziell nur bei Vornamen und Titel genannt werden. Beobachter erwarten, dass Königin Elizabeth II. ihren Enkel am Tag der Hochzeit zum Duke of Sussex ernennen wird, wodurch seine Braut den Höflichkeitstitel "Meghan, Duchess of Sussex" erhalten würde.
Am Hochzeitstag selbst werden die Titel des Brautpaares aber wohl nur eine Randbemerkung sein, schließlich geht es um den Glauben. Und dafür ist die St. George's Chapel ein überaus passender Ort. Allein in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten war das fulminante Hauptwerk der englischen Spätgotik Schauplatz von 15 königlichen Hochzeiten. Für Harry ist die Kapelle noch aus einem anderen Grund die passende Traukirche: Hier wurde der Bräutigam vor über 33 Jahren auf den Namen Henry Charles Albert David getauft. Auch die Taufe der Braut wird an ihrem Hochzeitstag wieder anklingen. Erst im März wurde Markle getauft und konfirmiert und damit in die Kirche von England aufgenommen. Und just ihr Taufpriester soll nun auch die Trauung vollziehen. Es ist kein geringerer als Erzbischof Justin Welby von Canterbury, Primas von England und geistliches Oberhaupt der Anglikanischen Weltgemeinschaft.
Wie bereits Welbys Vorgänger Rowan Williams bei der Hochzeit von Harrys Bruder William im Jahr 2011 wird der Primas auch dieses Mal nicht die gesamte Liturgie leiten. Während Welby der eigentlichen Trauzeremonie vorstehen soll, fällt die Leitung des restlichen Gottesdienstes dem Dekan von Windsor, David Connor, zu. Er leitet das Kapitel der Säkularkanoniker an der Kapelle, die direkt der Königin untersteht. In ähnlicher Weise hatte der Dekan von Westminster als Hausherr den Traugottesdienst von William und Kate geleitet.
US-Bischof soll Hochzeitspredigt halten
Für einiges Aufsehen sorgte der Name des Traupredigers: Bischof Michael Curry, Primas der Episkopalkirche in den USA, sei vom Brautpaar gebeten worden, diese Aufgabe zu übernehmen, gab der Palast vor wenigen Tagen bekannt. Besonders bemerkenswert ist die Beteiligung Currys aufgrund des derzeit schwelenden Streits seiner Teilkirche mit der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft. Diese hatte die Episcopal Church im Jahr 2016 für drei Jahre suspendiert, nachdem sie die Trauung homosexueller Paare erlaubt hatte. Nach dieser Entscheidung der anglikanischen Kirchenvorsteher hatte Curry die Position seiner Kirche erneut bekräftigt.
Auf die Hochzeit von Meghan und Harry dürfte der kanonische Streit freilich keine Auswirkungen haben. Ohnehin ist zu erwarten, dass sich das Brautpaar bei seiner Trauung eng an der Tradition der Kirche von England orientiert. Dafür spricht etwa die Auswahl der Musiker. Neben der Orgel und klassischen Chorälen wird auch der Knabenchor der St. George's Chapel samt Orchester und Fanfarenzug zu hören sein. Auch das Engagement einer Sopranistin, zweier Instrumentalsolisten sowie eines Gospel-Chores sind bereits bekannt.
Wie der Palast dagegen bereits vor einigen Tagen mitteilte, wird ein zentraler und wohl auch für Katholiken interessanter Aspekt der königlichen Hochzeit erst am Tag der Trauung selbst veröffentlicht: der genaue Ablauf der Liturgie. Ähnlich wie in der katholischen Kirche stehen dem Brautpaar dabei eine Reihe von alternativen Formularen zur Verfügung, etwa für Trauungen mit oder ohne Eucharistiefeier. Klar ist, dass am Samstag eine Vorlage für einen reinen Wortgottesdienst zum Zug kommen wird, der nach offizieller Planung recht genau eine Stunde dauern soll.
Denkbar ist, dass Meghan und Harry für ihre Feier das gleiche Formular nutzen werden, das bereits bei der Hochzeit von William und Kate im Jahr 2011 zum Einsatz kam. Dabei handelt es sich um eine auch sprachlich sehr traditionelle Liturgie, die weitgehend aus dem "Book of Common Prayer", dem anglikanischen Messbuch von 1662 übernommen ist. Während dieser Ritus dem römischen teilweise bis in die Wortwahl gleicht, enthält er auch Elemente, die nicht nur in katholischen Ohren sonderbar klingen könnten. So machte bereits Kate von der Möglichkeit gebrauch, auf das Versprechen zu verzichten, ihrem Mann "zu gehorchen und ihm zu dienen".
"Wer übergibt diese Frau?"
Eine weitere liturgische Eigenheit der anglikanischen Trauung scheint bei Meghans Hochzeit nach jetzigem Stand ebenfalls auszufallen. Auf die Frage des Zelebranten "Wer gibt diese Frau, um sie mit diesem Mann zu verheiraten?" übergibt der Brautvater die Hand seiner Tochter zunächst dem Priester und dieser wiederum an den Bräutigam. So war es auch vor sieben Jahren, als Kate Middleton zu "Catherine, Duchess of Cambridge" wurde. Nun sieht es jedoch so aus, als würde der Brautvater der Hochzeit gar nicht beiwohnen. Nach einem Skandal um Paparazzi-Fotos und einem angeblichen Herzinfarkt hat Vater Thomas Markle seine Reise nach London abgesagt.
Um sich unnötige Peinlichkeiten zu ersparen, könnten Meghan und Harry jedoch auch das moderne und schlichtere anglikanische Trauformular verwenden. Dies würde zur insgesamt deutlich weniger aufwändigen Hochzeit passen, die etwa bewusst auf einen Samstag gelegt wurde, anstatt wie vor sieben Jahren einen Wochentag zum nationalen Feiertag auszurufen. Im aktuellen, erst im Jahr 2000 veröffentlichten Ritus ist keine Rede mehr von Gehorsam gegenüber dem Mann und auch die Übergabe der Braut ist nicht mehr vorgesehen. Doch egal, welchen schlichten oder pompösen Ritus Meghan Markle und Prinz Harry sich für ihre "Royal Wedding" ausgesucht haben, eine Herausforderung müssen sie am Samstag auf jeden Fall bewältigen: An der richtigen Stelle "ich will" zu sagen.
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