Vor 1.000 Jahren wurde der Kaiserdom zu Worms geweiht

Ein Monument für die Ewigkeit

Veröffentlicht am 09.06.2018 um 12:01 Uhr – Lesedauer: 
Geschichte

Bonn/Worms ‐ Hier wurden Deutsche zu Päpsten gemacht, hier gingen Kaiser ein und aus: Der Wormser Dom ist steinerner Zeuge großer historischer Ereignisse. Am Samstag jährte sich die Weihe des Gotteshauses zum 1.000sten Mal.

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Vor allem drei Dinge machen die rheinland-pfälzische Stadt Worms international bekannt: Sie ist Schauplatz des legendären Nibelungenliedes. Sie ist Lutherstadt. Und sie ist die Heimat eines einzigartigen Gotteshauses – des Kaiserdoms St. Peter, dessen Weihe sich am 9. Juni zum 1.000sten Mal jährt. Worms und das Bistum Mainz feiern dieses Jubiläum gleich mit einem ganzen Jubeljahr und einer Vielzahl von Veranstaltungen. "Der Dom ist ein großartiges Bauwerk, er ist seit 1.000 Jahren die 'Krone' der Stadt Worms und ihr weithin sichtbares Wahrzeichen", schrieb der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zum Auftakt des Jubiläumsjahres. Und weiter: "Er ist Ort und Zeuge historischer Ereignisse, die weit über Worms und die Region hinaus wirkten."

Der Dom St. Peter zählt heute zu den bedeutsamsten Schöpfungen romanischer Kirchenbaukunst und bildet mit den Domen in Mainz und Speyer die Trias der sogenannten rheinischen Kaiserdome. Der große Unterschied zu den beiden Bruderkirchen: Lange schon ist Worms kein Bistum mehr, der Dom somit auch keine Bischofskirche. Das war jedoch mindestens 1.200 Jahre lang anders: Die Ursprünge des Bistums Worms liegen möglicherweise bereits in konstantinischer Zeit. Schon im Jahr 346 wird ein Wormser Bischof als Teilnehmer der Kölner Synode erwähnt, für diese Zeit ist jedoch noch keine Kathedrale nachweisbar.

Erst 300 Jahre später setzt die Liste der Wormser Bischöfe wieder ein: Bischof Berthulf war 614 der erste namentlich überlieferte Oberhirte von Worms. Unter ihm wurde nachweislich eine Bischofskirche errichtet, die in ihren Dimensionen jedoch wesentlich kleiner war als der heutige Bau. Da die Bedeutung der Diözese in den folgenden Jahrhunderten stetig zunahm, wollte Bischof Burchard von Worms um das Jahr 1000 eine größere, angemessenere Kathedrale. Er ließ kurzerhand den alten Wormser Dom niederreißen und ihn in rekordverdächtiger Zeit – innerhalb von nur 15 Jahren – als romanische Großkirche neu errichten. Am 9. Juni 1018 weihte Burchard im Beisein von Kaiser Heinrich II. die Kathedrale.

Überraschend früher Abriss

Eine Bronzestatue des Bischofs vor dem Dom erinnert noch heute an den Erbauer. Womöglich war die rekordverdächtige Bauzeit jedoch etwas überambitioniert: Kurze Zeit nach der Fertigstellung offenbarten sich bereits schwere Baumängel, nach wenigen Jahren kam es zu einem Teileinsturz des Wormser Doms. Nur ein Jahrhundert später war es deshalb schon wieder aus mit dem Burchard-Dom: Er wurde abgerissen und bis 1181 neu errichtet. Dieser Neubau im spätromanischen Stil orientierte sich am Grundriss des Vorgängers und entsprach von der Bausubstanz im Wesentlichen dem heutigen Dom mit seinen charakteristischen vier Flankentürmen.

„Der Dom ist ein großartiges Bauwerk, er ist seit 1.000 Jahren die 'Krone' der Stadt Worms und ihr weithin sichtbares Wahrzeichen“

—  Zitat: Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz

In den folgenden Jahrhunderten wurde der Dom noch um kleinere Teile erweitert, wobei vor allem die Zahl der Seitenkapellen erhöht wurde. Immer wieder kam es im Laufe der Geschichte jedoch auch zu Beschädigungen an der Kathedrale. So stürzte beispielsweise im Jahr 1429 ein Teil des Nordwestturmes ein und musste aufwendig rekonstruiert werden. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) verwüsteten dann französische Truppen den gesamten Innenraum des Gotteshauses. Im Zweiten Weltkrieg wurde bei zwei verheerenden Bombenangriffen auf Worms am 21. Februar und 18. März 1945 auch der Dom erheblich beschädigt. Dabei brannte der hölzerne Dachstuhl vollständig ab, die Gewölbe blieben jedoch intakt.

Luther und ein deutscher Papst

Mit Beginn des Reformationszeitalters hatte die Bedeutung des Bistums Worms stetig abgenommen. Die Diözese verlor einen Großteil ihrer Pfarreien an das lutherische Bekenntnis, blieb jedoch noch über zwei Jahrhunderte katholischer Bischofssitz. Als das Bistum in Folge der napoleonischen Eroberungen 1801 schließlich aufgelöst wurde, war auch der Dom als Kathedralkirche Geschichte. Heute ist er eine Pfarrkirche des Bistums Mainz, seit 1862 mit dem Titel einer Propsteikirche sowie seit 1925 im Rang einer päpstlichen "Basilica minor".

Doch auch wenn der Wormser Dom nur eine gewöhnliche Pfarrkirche ist, so zieht er jährlich zwischen 300.000 und 400.000 Besuchern an. Das mag neben der beeindruckenden Architektur auch an den bedeutenden historischen Ereignissen liegen, die sich im und um den Dom abgespielt haben. Da wäre freilich zunächst die Geschichte um Martin Luther: Der war 1521 vor den Reichstag zu Worms zitiert worden, um seine reformatorischen Thesen zu widerrufen. Bekanntlich verweigerte das der Mönch aus Wittenberg, was den Bruch in der abendländischen Kirche zur Folge hatte. Ob Luther in jenem Schicksalsjahr auch dem Dom einen Besuch abstattete, ist nicht überliefert.

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Der Trierer Dom ist Deutschlands älteste Kirche. Sein Kern stammt aus dem 4. Jahrhundert, der Frühzeit des Christentums. Und damit ist die Kathedrale in Deutschland nicht alleine.

Aber nicht nur der Reformator hinterließ seine Spuren in Worms. Es stehen darüber hinaus weitere große Ereignisse im Zusammenhang mit der ehemaligen Reichsstadt und ihrem Dom: Unter anderem wurde hier 1048 der deutsche Bischof Bruno von Toul als Papst Leo IX. nominiert. Zudem kam 1122 im Dom das Wormser Konkordat zu seinem Abschluss, das den Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser beendete. Schließlich fand hier 1235 auch die Hochzeit zwischen Kaiser Friedrich II. und Isabella von England statt. Weniger bekannt ist, dass der allererste deutsche Papst die Wormser Domschule besucht hat: Gregor V., der den weltlichen Namen Bruno von Kärnten trug. Er saß von 996 bis 999 auf dem Papstthron.

Neue Glocken und eine Sonderbriefmarke

Nicht weniger bedeutsam für Worms, wenn auch ins Reich der Legenden gehörend, ist eine Schlüsselepisode aus der Nibelungensage, die am Wormser Dom spielt: der sogenannte Königinnenstreit. Der Sage nach stritten sich die Rivalinnen Brünhild und Kriemhild darüber, welche von beiden die Ranghöhere sei und demzufolge zuerst den Dom betreten dürfe. In Anknüpfung an den Königinnenstreit finden seit 2002 die Wormser Nibelungenfestspiele auf einer Freiluftbühne vor dem Dom statt.

Für Worms und das Bistum Mainz gibt es also eine Fülle von Gründen, den Kaiserdom zum 1.000sten Weihejubiläum gebührend zu feiern. Als Geburtstagsgeschenk erhielt die ehemalige Kathedrale gleich fünf neue Glocken, die am Ostermontag geweiht und am 19. Mai in Betrieb genommen wurden. Zudem ist ab sofort eine Sonderbriefmarke "1.000 Jahre Weihe Wormser Dom" der Deutschen Post erhältlich. Beim Festakt am Samstag, dem eigentlichen Weihetag, hält Altbundesbundespräsident Joachim Gauck die Festrede. Am Sonntag dann wird der Mainzer Bischof Kohlgraf dem Festgottesdienst zur Tausendjahrfeier vorstehen.

Damit der Kaiserdom zu Worms auch für die kommenden Jahrzehnte – oder Jahrhunderte – gut gerüstet ist, läuft derzeit eine aufwendige Außenrenovierung an dem Gotteshaus. Die dauert voraussichtlich noch bis 2026 an. Aber was sind schon acht Jahre im Vergleich zu einem ganzen Jahrtausend Geschichte?

Von Tobias Glenz