Evangelikale Pastoren wurden früher teils nicht als Beistand zugelassen

So begleiten die Kirchen Konvertiten beim BAMF

Veröffentlicht am 18.06.2018 um 18:55 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Bonn ‐ Bei zum Christentum konvertierten Flüchtlingen überprüft das BAMF, ob ihre Taufe asyltaktisch motiviert sein könnte. Zur Anhörung dürfen eigentlich Seelsorger mit. In der katholischen Kirche klappt das, andere Konfessionen hatten in der Vergangenheit Probleme.

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Konvertieren manche muslimische Flüchtlinge in Deutschland zum Christentum, um ihre Bleibeperspektive zu verbessern? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat die Aufgabe, das zu überprüfen. Die Kirchen halten es für sinnvoll, dass in solchen Fällen ein Seelsorger bei der Anhörung des Asylbewerbers anwesend ist. In der Praxis klappte das bisher nicht immer.

Anders als in Teilen der evangelischen Kirche hat die katholische Kirche in Deutschland nach eigenen Angaben keine Schwierigkeiten. Aus den Diözesen sei der Deutschen Bischofskonferenz kein Fall bekannt, in dem eine Begleitperson der Kirche bei einer Anhörung abgelehnt worden wäre, erklärte deren Sprecher Matthias Kopp am Montag gegenüber katholisch.de. Der evangelikale Dachverband "Netzwerk-M" hatte berichtet, dass in der Vergangenheit manche Pastoren zugelassen worden seien, andere nicht.

Grundsätzlich hat ein Asylbewerber das Recht, zu seiner Anhörung vor dem BAMF einen Beistand mitzubringen. "Gerade bei Konversionsfällen empfiehlt es sich, dass ein Asylbewerber von dieser Möglichkeit auch Gebrauch macht", so Kopp weiter. Eine solche Begleitung durch Seelsorger oder Gemeindemitglieder habe sich bewährt und werde auch vom Bundesamt positiv bewertet. Während der rund ein Jahr dauernden Taufvorbereitung entwickele sich ein Vertrauensverhältnis zwischen Seelsorger und Taufbewerber. Auch das spreche für eine Begleitung zur Anhörung. Letztlich entscheide jedoch der Asylbewerber, ob und durch wen er begleitet werden möchte, so der Sprecher.

"Netzwerk-M" berichtete von Schwierigkeiten

Hintergrund ist, dass das BAMF bei Asylbewerbern, die zum Christentum konvertiert sind, überprüft, inwiefern ihnen im Heimatland Verfolgung droht und inwiefern die Konversion asyltaktisch motiviert sein könnte. Im Frühjahr hatten Vertreter der evangelischen Kirche und der Grünen die Praxis des Bundesamts unter dem Stichwort "Glaubensprüfung" scharf kritisiert. Das christliche Hilfswerk Open Doors forderte einen Abschiebeschutz für ehemals muslimische Konvertiten, da ihnen in ihrem Heimatland der Tod drohe. In islamisch geprägten Herkunftsländern steht der Abfall vom Islam unter Strafe.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz: "Wenn die Begleitperson bei der Anhörung Schwierigkeiten feststellt, sollte sie den Anhörer darauf aufmerksam machen."

Der Verbandsvorsitzende von "Netzwerk-M", Gaetan Roy, führte zuletzt Gespräche mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundesamt. Mitgliedswerke des Dachverbands, die missionarisch tätig sind und mit Flüchtlingen arbeiten, hatten von Schwierigkeiten berichtet. Demnach kam es bei den Anhörungen vor, dass BAMF-Mitarbeiter Fragen stellten, die selbst von langjährigen Christen nur schwer zu beantworten seien, etwa nach den Namen der zwölf Apostel Jesu. Auch habe es "Unstimmigkeiten" aufgrund der Übersetzung muslimischer Dolmetscher gegeben.

Vergangene Woche hatte das BAMF gegenüber dem Dachverband in einem Schreiben noch einmal bestätigt, dass ein Seelsorger oder ein anderer Gemeindemitarbeiter den Konvertiten auf dessen Wunsch zur Anhörung begleiten darf. Der Antragsteller müsse aber "selbst die Tatsachen vortragen, die seine Angst vor Verfolgung begründen". Roy zeigte sich am Dienstag gegenüber katholisch.de zufrieden, dass nun vielen Freikirchen diese Möglichkeit bekannt wurde. Pastoren hätten oft erlebt, dass es bei Anhörungen zu Falschübersetzungen komme und wüssten nun, dass sie in solchen Fällen einlenken können.

Im Schreiben der Behörde heißt es, die Anwesenheit eines Pastors könne "sehr hilfreich sein", wenn er "durch sein Zeugnis in der Anhörung dartun kann, wie der Antragsteller in der Gemeinde seinen Glauben lebt und sein Engagement für den neuen Glauben zum Ausdruck bringt". Das BAMF betonte aber auch, dass die jeweilige Außenstelle und der Seelsorger bei der Durchführung der Anhörung zusammenarbeiten müssten. "Dabei sollte es keine Probleme geben, da die Verfahrensweise in der Dienstanweisung Asyl des Bundesamtes geregelt ist."

Beistand darf nicht seine eigene Sichtweise einbringen

Auch die Bischofskonferenz weist darauf hin, dass es bei solchen Anhörungen Regeln für die Seelsorger gibt: "Nicht die Begleitperson wird befragt, sondern der Asylbewerber", so Kopp. Der geistliche Beistand dürfe nicht seine eigene Sichtweise einbringen. Er oder sie könne verfolgen, ob es bei der Übersetzung ins Deutsche zu Ungenauigkeiten, Missverständnissen oder Fehlern kommt. Zudem könne die Begleitperson darauf achten, ob die Gründe für die Verfolgung, die im Heimatland droht, oder die Motive für die Konversion tatsächlich verständlich werden. Wenn sie bei der Anhörung Schwierigkeiten feststellt, sollte sie den Anhörer darauf aufmerksam machen. Allerdings sollte dies zu einem Zeitpunkt geschehen, "zu dem die Arbeit des Anhörers nicht gestört wird".

Die Deutsche Bischofskonferenz verfügt nach eigener Aussage über keine Angaben zur Zahl muslimischer Konvertiten in Deutschland, "denn in unserer Statistik weisen wir die verschiedenen Religionsgemeinschaften oder Asylbewerber nicht gesondert aus", heißt es seitens der Pressestelle. Eine Schätzung sei auch nicht möglich. Man gehe aber nicht leichtfertig mit Taufen um und informiere Gemeinden über die rechtlichen Auswirkungen der Konversion und insbesondere über die Auswirkungen auf das Asylverfahren.

19. Juni 2018, 13:45 Uhr: Ergänzt um eine aktuelle Stellungnahme von Gaetan Roy

Von Agathe Lukassek