Bischof Wiesemann über Ministranten und die Wallfahrt zum Papst

"Treuer Dienst"

Veröffentlicht am 27.06.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
"Treuer Dienst"
Bild: © KNA
Glaube

Speyer ‐ Ein besonderes Erlebnis, aber auch eine nachhaltige Stärkung des Glaubens - eine Ministrantenwallfahrt nach Rom kann für junge Menschen beides bedeuten. Der Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz Karl-Heinz Wiesemann begleitet im August 50.000 Messdienerinnen und Messdiener in die Ewige Stadt. Im Interview verrät der Speyerer Oberhirte, warum er sich selbst schon auf die Fahrt freut und warum die "Minis" für die Kirche eine ganz besondere Rolle spielen.

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Frage: Herr Bischof Wiesemann, Anfang August fahren 50.000 Ministranten aus Deutschland nach Rom und treffen Papst Franziskus. Ist es cool, heute Messdiener zu sein?

Wiesemann: Schon die Zahl von mehr als 430.000 Messdienerinnen und Messdienern in Deutschland zeigt: Dieser großartige Dienst hat für die Jugendlichen eine wichtige Bedeutung und eine hohe Attraktivität. Die jungen Christen lernen, Verantwortung zu übernehmen, und sie üben einen regelmäßigen und treuen Dienst aus. Das ist mitunter auch eine echte Herausforderung, wenn sie dabei auf Unverständnis stoßen oder von Gleichaltrigen hinterfragt werden. Ministrantinnen und Ministranten sind mit ihrem Dienst am Altar, den sie stellvertretend für die ganze Gemeinde ausüben, ganz nahe dran an der Herzensmitte und dem Geheimnis unseres Glaubens. Das ist etwas ganz Besonderes. Aber auch die Gemeinschaft, die dabei erfahren und gelebt wird, ist für viele sehr wichtig und sehr bereichernd.

Frage: Was erwartet die Ministranten im Vatikan? Und worauf freuen Sie sich besonders?

Wiesemann: Die Ministranten erwartet ein großartiges Gemeinschaftserlebnis. Viele werden davon überrascht und begeistert sein, wie bunt das Bild ist, das die Messdienerinnen und Messdiener aus Deutschland - von Görlitz bis Trier, von Hamburg bis München - zeichnen werden. Die Begegnung mit Papst Franziskus, der die Jugendlichen aus Deutschland in einer eigenen Audienz auf dem Petersplatz begrüßen wird, wird dann der Höhepunkt sein. Auf die Menschlichkeit des Papstes, die aus einem tiefen und innigen Glauben erwächst, auf seine Freude über die jungen Menschen und auf die Begeisterung und Begeisterungsfähigkeit der Messdiener freue ich mich schon jetzt.

Bischof Karl-Heinz Wiesemann.
Bild: ©KNA

Bischof Karl-Heinz Wiesemann.

Frage: Besteht die Gefahr, dass Veranstaltungen dieser Art letztlich bloß ein inhaltsfreier Event-Tourismus bleiben?

Wiesemann: Diese Sorge habe ich nicht. Die Wallfahrt der Ministranten nach Rom ist ja kein bloßes Event. Die Pilgerfahrt ist vielmehr eingebettet in einen regelmäßigen und treuen Dienst. Für diesen Alltag in den Gemeinden sollen die Jugendlichen gestärkt werden. Ich bin davon überzeugt, dass das facettenreiche Programm, das die Verantwortlichen in der Jugendpastoral vorbereitet haben, diesem Anspruch gerecht wird. Auch wenn sicherlich der Spaß und das Erleben der großen Metropole am Tiber nicht zu kurz kommen wird.

Frage: Früher war Ministrantenarbeit für viele mit der Idee verbunden, möglichst früh Jungen an die Kirche zu binden und so den Priesternachwuchs von morgen finden zu helfen. Was macht heute Messdienerseelsorge aus?

Wiesemann: Mit dem Dienst am Altar repräsentieren die Jungen und Mädchen das ganze Volk Gottes: Frauen und Männer, Junge und Alte. Eine Fixierung auf den Priesternachwuchs sollte es nicht geben. Wenn aus der Ministrantenarbeit aber Berufungen zu einem Leben nach den Räten des Evangeliums erwachsen, dann ist das natürlich ein großes Geschenk. Viele, die heute kirchlich engagiert sind, ob haupt- oder ehrenamtlich, sind ihre ersten kirchlichen Schritte als Messdiener oder Messdienerin gegangen. Aber auch nicht wenige Personen des öffentlichen Lebens, die gesellschaftliche Verantwortung tragen, sind durch ihre Zeit als Ministrant geprägt worden. Messdienerinnen und Messdiener sind eine große Stütze für die Jugendpastoral und für die Berufungspastoral und damit für die ganze Kirche.

Frage: Die Zahl der Ministranten ist eine Chance für die Kirche. Warum gelingt es doch relativ selten, die Jungen und Mädchen über das Jugendalter hinaus langfristig zu binden?

Wiesemann: Meiner Meinung nach bietet gerade die Ministrantenarbeit die große Chance, junge Menschen nachhaltig für den Glauben zu gewinnen und dafür zu sensibilisieren, dass wir selbst verantwortlich sind für die Gestaltung unserer Gesellschaft und der Kirche. Wie ich eingangs gesagt habe, ist es meines Erachtens die unmittelbare Nähe zum Kern unseres Glaubens, den wir in der Liturgie feiern, der die Herzen wirklich anrühren kann und so auch das Denken und Handeln formt. Und es ist die hohe Bereitschaft, verantwortlich und treu den Dienst oft über viele Jahre auszuführen, die sehr prägend für das ganze Leben wirkt. Was eine große Chance ist, stellt sich immer zugleich als eine große Herausforderung dar. Den Herausforderungen wollen wir uns in der Jugendpastoral auch zukünftig stellen - die Chancen aber auch nutzen.

Das Interview führte Michael Jacquemain (KNA)

Linktipp: Minis fahren nach Rom

Zur Ministrantenwallfahrt nach Rom gibt es eine eigene Homepage mit allen wichtigen Infos: