Kardinal: Autorität in den Orden hinterfragen
Ordensleute sollten die Frage von Autorität und Gehorsam auf den Prüfstand stellen - das fordert der Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz. "Heute wird keine Autorität mehr angenommen, die sich von oben gegenüber Untergebenen durchsetzen will. Autorität muss anziehend sein, wir müssen uns auf Augenhöhe, als Brüder und Schwestern begegnen", sagte der Kardinal bei einer Tagung in Ottmaring bei Augsburg im deutschen Zentrum der Fokolare, wie diese ökumenische Laienbewegung am Freitag mitteilte. In Ottmaring fand seit Montag eine fünftägige Konferenz zur Zukunft des klösterlichen Lebens mit rund 100 Teilnehmern statt.
Braz de Aviz sprach den Angaben zufolge auch die Beziehung zwischen Männern und Frauen unter Ordenschristen an: "Wir kennen die jeweils andere Seite zu wenig. Wir müssen mehr miteinander teilen, um zu verstehen, wie wir in der Liebe wachsen können, einander helfen und unterstützen können auch in schwierigen Situationen." Ferner warb der Kardinal dafür, den Kontakt mit Jugendlichen zu suchen: "Es geht darum, das Evangelium mit dem eigenen Leben zu beschreiben, und Jugendliche brauchen deutliche Signale, müssen sehen, wofür es sich lohnt, das Leben einzusetzen."
Aviz: Vom Reden zum Zuhören kommen
Außerdem erklärte der Präfekt, er sehe, wie sehr man unter den deutschsprachigen Ordenschristen nach neuen Wegen suche. "Und diese Begegnung der verschiedenen Orden auch mit den Bewegungen und geistlichen Gemeinschaften ist ein wichtiges Signal. Wir müssen vom vielen Reden zum intensiven Zuhören kommen. Und vielleicht weniger selbst machen, sondern mehr Gott arbeiten lassen", so Braz de Aviz.
Der Kardinal hatte in einem Schreiben mit dem Titel "Für jungen Wein - neue Schläuche" angeregt, bisherige Strukturen auf den Prüfstand zu stellen und neue Wege zu gehen. Die neuen Leitlinien seiner Kongregation waren im Januar 2017 veröffentlicht worden.
Veranstaltet wurde die Tagung von der Arbeitsgruppe "Miteinander der Orden" der Fokolar-Bewegung, unterstützt von den Dachverbänden der Orden in Deutschland und Österreich. Die Teilnehmer stammten aus rund 60 verschiedenen Gemeinschaften aus dem deutschsprachigen Raum. Aktuell gibt es laut der Deutschen Ordensobernkonferenz noch etwa 15.000 Ordensfrauen und etwa 4.000 Ordensmänner in der Bundesrepublik. Ihre Zahl geht stark zurück. (KNA)