Berchtesgaden verlost Gräber auf Friedhof
Ein Grab aus der Lostrommel: Die Gemeinde Berchtesgaden hat am Mittwoch diese ungewöhnliche Methode gewählt, um begehrte Grabstellen auf dem Alten Friedhof im Zentrum des oberbayerischen Ortes zu vergeben. Im Vorfeld der Verlosung hatten sich 280 Bürger auf 140 Erdbestattungs- und 60 Urnengräber beworben. Mit der Verlosung sollten laut der Gemeinde gleiche Chancen für alle Bewerber geschaffen werden. "Jeder hat die gleichen Chancen. Wer zuerst gezogen wird, darf sich auch als Erstes aussuchen, an welcher Stelle des Alten Friedhofs er begraben werden möchte", hatte der Berchtesgadener Bürgermeister Franz Rasp in einem Interview mit "Spiegel Online" gesagt.
Das erste Los zog die 53-jährige Sieglinde Skriwan. Sie hatte sich bei der Verlosung mit ihrem Mann für eine der Grabstätten beworben. "Warum soll man sich mit dem Thema nicht auseinandersetzen? Das gehört zum Leben dazu", sagte die Gewinnerin danach. Die Grabstätte ist für sie selbst und ihren Mann gedacht – vorerst bleibe sie leer. Sie wählten ein Grab unweit der Ruhestätte des Onkels ihres Mannes, "mittendrin" im Friedhof, "unter einem Baum". Und – für spätere Besucher – mit schöner Aussicht.
Bundesweites Interesse für Gräber-Verlosung
Seit 1972 waren auf dem im 17. Jahrhundert eröffneten Friedhof keine Gräber mehr vergeben worden. Laut Rasp hatte die Gemeinde zu der Zeit geplant, den Friedhof aufzugeben und auf dem Gelände ein Kongresszentrum zu errichten. "Nach langen Diskussionen über die Auflösung des Friedhofs entschied sich der Markt dann aber gegen das Kongresszentrum und für die Erhaltung des Friedhofs, der heute unter Denkmalschutz steht", so der Bürgermeister.
Die Gräber-Verlosung hatte über Bayerns Grenzen hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. "Das ist ungewöhnlich, aber eigentlich eine schöne Geschichte, die zeigt, dass der Friedhof ein Ort ist, der auch in Zukunft Bedeutung hat", sagte Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur und Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. Er habe noch von keinem vergleichbaren Fall gehört. "Grundsätzlich ist das ein sehr positives Zeichen, dass alte Friedhöfe reaktiviert werden", so Wirthmann. (stz)