Deutsch-polnisches Kirchenverhältnis war zuletzt angespannt

Kein Routinebesuch: Kardinal Marx reist nach Polen

Veröffentlicht am 24.08.2018 um 12:42 Uhr – Lesedauer: 
Bischofskonferenz

Bonn ‐ Ob Flüchtlingspolitk oder Umgang mit wiederverheiraten Geschiedenen: Um das Verhältnis der Deutschen und Polnischen Bischofskonferenz war es zuletzt nicht zum Besten bestellt. Kardinal Marx' Polenreise ist daher mehr als ein Routinebesuch.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, reist in der kommenden Woche nach Polen. Dort trifft er auch mit Ex-Präsident Lech Walesa zusammen. Mit dem Besuch in Danzig (Gdansk) und Posen (Poznan) von Mittwoch bis Samstag sollen die Beziehungen zwischen der Kirche in beiden Ländern weiter vertieft werden, wie die Bischofskonferenz am Freitag in Bonn ankündigte.

Zuletzt waren sich Bischöfe beider Länder nicht immer bei allen Themen einig, etwa in der Debatte um eine Öffnung der Kommunion für nichtkatholische Ehepartner und eine fallweise Kommunionzulassung für Katholiken, die nach einer Scheidung zivil erneut geheiratet haben. "Wir spüren, dass es neue Schwierigkeiten im Ost-West-Dialog gibt", hatte Erzbischof Ludwig Schick im Februar mit Blick auf das Verhältnis zu den Kirchen in Polen, Ungarn und anderen osteuropäischen Ländern gesagt. Diese beträfen den Umgang mit Flüchtlingen, aber auch das theologische Verständnis von Ehe und Sexualität, erklärte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz damals. Nötig sei hier ein "neuer Impuls" der westlichen Seite.

Der Akzent von Marx' Reise liege zudem "auf der Würdigung des zentralen Beitrags Polens zur europäischen Freiheitsgeschichte", hieß es weiter. Dieser sei mit der Geschichte der katholischen Kirche eng verbunden.

Die Gewerkschaft und Oppositionsbewegung Solidarnosc ("Solidarität"), die auch von der Kirche stark unterstützt wurde, trug maßgeblich zur Überwindung des Kommunismus bei. Zuvor, im August 1980, hatten Arbeiter der Danziger Lenin-Werft gestreikt. Am 31. August 1980 unterschrieben Streikführer Lech Walesa und Vize-Ministerpräsident Mieczyslaw Jagielski die Vereinbarung von Danzig. Damit wurde im Ostblock erstmals eine unabhängige Gewerkschaft anerkannt.

Besuch der Lenin-Werft

Im Mittelpunkt der Reise von Kardinal Marx stehen nun den Angaben zufolge ein Treffen mit dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, dem Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki, ein Vortrag im Danziger Solidarnosc-Zentrum sowie Begegnungen mit Vertretern von Kirche, Gesellschaft und Politik.

Am Gelände der früheren Lenin-Werft will Marx am Donnerstag die Dauerausstellung des Solidarnosc-Zentrums besuchen, das die Erinnerung an die historischen Verdienste der Bewegung aufrechterhält. Danach trifft der Kardinal Ex-Staatspräsident Walesa und legt einen Kranz am Denkmal der gefallenen Werftarbeiter von blutig verlaufenen Streiks im Jahr 1970 nieder. Geplant ist ein Vortrag über die "Ethik der Solidarität" und eine Diskussion mit polnischen Publizisten. Dabei sollen auch aktuelle Fragen wie die Rolle der eigenen Nation und Europas sowie das Thema Flüchtlinge aufgegriffen werden.

In Posen kommt Marx am Freitag und Samstag mit Erzbischof Gadecki zusammen, "um die gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Entwicklungen in Europa sowie die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenzen zu erörtern". Außerdem will sich der Kardinal mit katholischen Wissenschaftlern und Journalisten über politische und kulturelle Tendenzen in den beiden Ländern austauschen. (tmg/KNA)