New Yorker Erzbischof zeigt sich ratlos angesichts des Missbrauchsskandals

Dolan: Meine Mutter schämt sich, katholisch zu sein

Veröffentlicht am 06.09.2018 um 11:31 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Timothy Dolan aus New York.
Bild: © KNA
Missbrauch

New York ‐ Wütend, frustriert, beschämt: So geht es laut Kardinal Timothy Dolan den US-Katholiken angesichts des Missbrauchsskandals – und er zitiert exemplarisch seine fast 90-jährige Mutter.

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Der New Yorker Erzbischof und Kardinal Timothy Dolan hat sich angesichts des US-Missbrauchsskandals ratlos gezeigt. "Wenn die Leute zu mir sagen 'Du weißt, wir sind wütend, wir sind verwirrt, perplex, frustriert', dann erwarten sie wohl, dass ich in die Defensive gehe – aber ich werde sagen 'Schön, dich kennenzulernen, mir geht es auch so'", sagte Dolan laut einem Bericht der "New York Post" in einem Radiointerview. Alle Katholiken seien in diesen Gefühlen vereint, es gebe eine "Solidarität der Trauer", fügte der Kardinal hinzu.

Selbst seine Mutter von fast 90 Jahren habe ihn angerufen und gesagt, sie hätte das Mittagessen in ihrem Pflegeheim beschämt ausgelassen, so Dolan weiter. "Ich schäme mich, ins Esszimmer zu gehen", habe sie ihm erklärt. "Es ist mir peinlich, katholisch zu sein. Ich weiß nicht, was ich den Menschen sagen soll."

Priester als "Raubtiere"

Die Kontroversen, die in diesem Sommer entstanden seien – einschließlich der Absetzung des ehemaligen Washingtoner Erzbischofs Theodore McCarrick, des Pennsylvania-Berichts und der Rücktrittsforderung an Papst Franziskus – ließen niemanden unberührt, sagte Dolan weiter. "Es beeinflusst die Menschen, es gibt keine Person in der Kirche, die davon nicht betroffen ist." Die Auswirkungen der Skandale für die Kirche könne man mit denen einer "Ölpest für die Natur" vergleichen, fügte der Kardinal hinzu – sie berührten jeden Katholiken, ob er "in die Fabrik oder ins Klassenzimmer oder ins Büro geht". Scham gebe es vor allem gegenüber den Priestern, die das Gefühl ihrer Gemeindemitglieder nicht abschütteln könnten, dass sie Sexualverbrecher (Englisch: "Predators" – "Raubtiere") seien.

Timothy Dolan ist seit 2009 Erzbischof von New York. Von 2010 bis 2013 war er zudem Vorsitzender der US-Bischofskonferenz. Im Jahr 2012 kreierte Papst Benedikt XVI. Dolan zum Kardinal. Nach der Veröffentlichung des US-Missbrauchsberichts im August verfasste der Erzbischof eine Erklärung und entschuldigte sich bei den Opfern. Dolan war zudem mit der Untersuchung der Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal McCarrick beauftragt. (tmg)