Kündigung nach Wiederheirat mögliche Diskriminierung

EuGH-Urteil schränkt kirchliches Arbeitsrecht ein

Veröffentlicht am 11.09.2018 um 10:55 Uhr – Lesedauer: 
Recht

Luxemburg ‐ 2009 wurde der Chefarzt einer katholischen Klinik wegen seiner Wiederheirat entlassen. Neun Jahre später urteilt der Europäische Gerichtshof: Diese Kündigung kann eine "verbotene Diskriminierung" sein.

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Der Europäische Gerichtshof hat das kirchliche Arbeitsrecht in einem wichtigen Punkt eingeschränkt. Die Kündigung eines Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen Wiederheirat nach einer Scheidung könne eine "verbotene Diskriminierung" darstellen, so die Richter in einem am Dienstag in Luxemburg veröffentlichten Urteil. Die Anforderung, dass ein katholischer Chefarzt den "heiligen und unauflöslichen Charakter" der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche beachte, erscheine nicht als "wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung", heißt es im Urteilstext.

Der EuGH betonte, dass eine Kirche grundsätzlich an ihre leitenden Angestellten - je nach deren Konfession oder Konfessionslosigkeit - "unterschiedliche Anforderungen" stellen dürfe. Nationale Gerichte müssten jedoch überprüfen können, ob die Religion mit Blick auf die Tätigkeit eine wesentliche Anforderung sei.

Im vorliegenden Fall müsse dies nun das Bundesarbeitsgericht untersuchen. Die Richter des EuGH wiesen darauf hin, dass sie keinen Zusammenhang zwischen der Zustimmung zum Eheverständnis der katholischen Kirche und den Tätigkeiten des Chefarztes sähen. "Erhärtet" werde diese Annahme, da ähnliche Stellen im Krankenhaus nicht-katholischen Angestellten anvertraut worden seien. Zudem solle das Bundesarbeitsgericht prüfen, ob in Anbetracht der Umstände eine Beeinträchtigung des Ethos der Kirche und ihres Rechts auf Autonomie "wahrscheinlich" und "erheblich" sei.

Sternberg: Kirche muss Arbeitsrecht besser erklären

Geklagt hatte ein katholischer Arzt, der 2009 von einem katholischen Krankenhaus in Düsseldorf gekündigt wurde, weil er nach der Scheidung wieder standesamtlich geheiratet hatte, ohne seine erste Ehe annullieren zu lassen.

Bereits kurz vor dem Urteil hatte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, die Kirche dazu aufgefordert, ihre arbeitsrechtlichen Sonderregeln besser zu begründen und zu vermitteln. Statt nur auf die persönliche Lebensführung der Mitarbeiter und dabei etwa auf die "leidige Frage" nach Scheidung und Wiederheirat zu achten, sollten christliche Krankenhäuser beispielsweise genauer erklären, was das spezifisch Christliche der Arbeit ausmache und was deshalb von den Mitarbeitern erwartet werde, sagte Sternberg dem Südwestrundfunk (SWR) am Dienstag. (bod/KNA)