Vorabveröffentlichung sei schwerer Schlag für Opfer

Missbrauchsstudie: Bischöfe kritisieren Indiskretion

Veröffentlicht am 12.09.2018 um 16:30 Uhr – Lesedauer: 
Treffen sich regelmäßig im Frühjahr und Herbst zu ihrer Vollversammlung: Die deutschen Bischöfe.
Bild: © KNA
Deutschland

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe wollen sich den Ergebnissen ihrer Missbrauchsstudie stellen. Diese seien "bedrückend und beschämend". Dennoch kritisieren sie die vorzeitige Veröffentlichung. Das hat einen Grund.

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Die Deutsche Bischofskonferenz bedauert, dass die Ergebnisse ihrer Studie zu sexuellem Missbrauch durch Indiskretion vorzeitig bekannt geworden sind. "Gerade mit Blick auf die Betroffenen sexuellen Missbrauchs ist die verantwortungslose Vorabbekanntmachung der Studie ein schwerer Schlag", sagte Bischof Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, laut einer Pressemitteilung vom Mittwoch.

Dem Inhalt der Studie würden sich die Bischöfe stellen, so Ackermann weiter. "Wir wissen um das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs, das durch die Ergebnisse der Studie belegt wird. Es ist für uns bedrückend und beschämend." Er forderte eine "verantwortungsvolle und professionelle Aufarbeitung" von sexuellem Missbrauch in der Kirche. Die Studie sei eine Maßnahme, "die wir nicht nur der Kirche schuldig sind, sondern vor allem und zuallererst den Betroffenen", so der Bischof.

"Spiegel" und Zeit" hatten Inhalte vorab veröffentlicht

Die Online-Ausgaben von "Spiegel" und Zeit" hatten am Mittwoch über zentrale Aussagen der Studie berichtet und damit zwei Wochen vor der geplanten Vorstellung der Studie während der Vollversammlung der Bischofskonferenz am 25. September in Fulda. Nach Angaben Ackermanns kannten die Bischöfe den Inhalt der gesamten Studie bislang selbst nicht. Die Bischofskonferenz will jedoch ungeachtet der Indiskretionen laut Ackermann am vorgesehen Veröffentlichungstermin festhalten.

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Bischof Stephan Ackermann.

Ackermann verwies darauf, dass die Bischofskonferenz die Veröffentlichung der Studie am 25. September mit einem Beratungsangebot für Betroffenen flankieren wolle. Dazu solle eine Hotline für Menschen eingerichtet werden, "die aufgrund der Berichterstattung aufgewühlt sind und mit jemandem sprechen müssten". Durch die vorzeitige Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie steht dieser Service derzeit jedoch noch nicht bereit. Ackermann bat darum, sich bis zur Freischaltung der Hotline an die Telefon- und Internetseelsorge oder an die Missbrauchsbeauftragten der Bistümer zu wenden.

Studie dokumentiert 3.677 Missbrauchsopfer

Die neue Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz dokumentiert insgesamt 3.677 Opfer, die von mindestens 1.670 Priestern und Ordensleuten in den Jahren von 1946 bis 2014 missbraucht wurden. Weiter heißt es in der Studie, die Wissenschaftler gingen nicht davon aus, "dass es sich beim sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker der katholischen Kirche um eine in der Vergangenheit abgeschlossene und mittlerweile überwundene Thematik handelt".

Erstellt wurde die Studie von einem Forschungskonsortium unter Leitung des Mannheimer Psychiaters Harald Dreßing. Außerdem sind das Kriminologische Institut der Universität Heidelberg, das dortige Institut für Gerontologie sowie der Lehrstuhl für Kriminologie der Universität Gießen beteiligt. Ziel der Studie, an der sich alle 27 Diözesen Deutschlands beteiligt haben, ist es, mehr Klarheit und Transparenz über diese dunkle Seite in unserer Kirche zu erhalten und zwar um der Betroffenen willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen. (tja)