Oberhirten von Rottenburg, Essen und Bamberg wenden sich an Gläubige

Deutsche Bischöfe reagieren auf Missbrauchsstudie

Veröffentlicht am 13.09.2018 um 17:37 Uhr – Lesedauer: 
Gebhard Fürst im Gespräch mit einem Journalisten
Bild: © KNA
Missbrauch

Bonn ‐ Die ersten deutschen Bischöfe äußern sich zur DBK-Missbrauchsstudie. Gebhard Fürst lädt zu einer Pressekonferenz ein. Franz-Josef Overbeck will sich in einem Brief an alle Kirchengemeinden wenden.

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Nach dem vorzeitigen Bekanntwerden der Ergebnisse einer Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland haben am Donnerstag die ersten Bistümer reagiert.

Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst rief die "Verantwortlichen in den Bistümern" dazu auf, Konsequenzen aus der Studie zu ziehen und Missbrauchsfälle transparent aufzuarbeiten. Nur dann könne die Kirche Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Die Ergebnisse der Untersuchung bezeichnete er als "erschreckend". Zugleich wandte sich Fürst in einem Brief an alle Mitarbeiter des Bistums. "Ich kann ihnen keine entschuldigende Antwort geben. Ich kann nur für unsere Kirche um Vergebung bitten, bei den Opfern und vor Gott", heißt es in dem Schreiben.

Bistum Essen: Innerkirchliche Strukturen kritisch überprüfen

Essens Bischof Franz-Josef Overbeck will am Wochenende in einem Brief an alle Kirchengemeinden des Bistums Stellung zu der Missbrauchsstudie nehmen, wie das Bistum Essen am Donnerstag mitteilte. Das Schreiben soll in den Gottesdiensten verlesen werden. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer nannte die Ergebnisse der Untersuchung unterdessen "erschütternd und beschämend". Die Studie eröffne einen "schonungslosen Blick auf das furchtbare Leid unzähliger Menschen, das ihnen durch die Verantwortlichen unserer Kirche zugefügt worden ist", schrieb Pfeffer in einer Email an alle Mitarbeiter der Diözese. Das Bistum Essen trete entschieden sexuellem Missbrauch und jeder Form von sexueller Gewalt entgegen. Um das Risiko für sexuellen Missbrauch so weit wie möglich zu senken, gelte es auch „grundsätzliche Haltungen und innerkirchliche Strukturen kritisch zu überprüfen und alle notwendigen Konsequenzen zu ziehen“.

Franz-Josef Overbeck im Porträt
Bild: ©dpa/Oliver Berg

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck.

Laut der Studie, die von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegeben wurde, gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland 3.677 Opfer sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Priestern. Bei den Betroffenen handelte es sich mehrheitlich um männliche Minderjährige. Die komplette Auswertung wollen die katholischen Bischöfe am 25. September bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda präsentieren. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart kündigte für kommenden Montag eine Pressekonferenz an.

Bistum Rottenburg: 72 Geistliche seit 2002 des Missbrauchs beschuldigt

Weiter verwies Bischof Fürst darauf, dass die württembergische Diözese Aufarbeitung und Prävention von Missbrauchsfällen seit dem Jahr 2002 institutionell verankert habe. Jeder Vorwurf von Missbrauch werde gewissenhaft untersucht. Seit 2002 seien insgesamt 72 Geistliche des Missbrauchs beschuldigt worden, 45 Personen seien inzwischen verstorben. Bislang habe das Bistum Missbrauchsopfern 640.000 Euro als Anerkennung für erfahrenes Leid ausgezahlt. Zudem habe man Therapiekosten in Höhe von 130.000 Euro übernommen.

Für die bundesweite Studie, so Fürst weiter, seien die diözesanen Akten der Jahre 2000 bis 2014 ausgewertet worden. So seien alle Personalakten der Diakone und Priester untersucht worden, die im Jahr 2000 in einem Dienst- oder Ruhestandsverhältnis der Diözese standen. Insgesamt seien 1.950 Personalakten überprüft worden.

Als erster Oberhirte in Bayern äußerte sich auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Donnerstagabend zur Studie. "Wir sind beschämt und erschüttert", sagte der Erzbischof im Bamberger Dom. "Bitten wir, dass Gott die Wunden der Opfer heilt und den Tätern zu Einsicht, Reue und Buße verhilft." Schick feierte mit den Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) einen Gottesdienst aus Anlass der Gründung des Laiengremiums vor 150 Jahren in Bamberg.

Die Ergebnisse der Studie waren am Mittwoch durch Veröffentlichungen von "spiegelonline" und der "Zeit" bekanntgeworden. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, hatte das Ausmaß des dokumentierten Missbrauchs als "bedrückend und beschämend" bezeichnet. Er bedauerte jedoch, dass die Studie durch Indiskretion vorzeitig publik geworden sei. (tja/tmg/KNA)

13.9., 18:55 Uhr: Ergänzt um Statement von Erzbischof Schick.