Burger kündigt Konsequenzen an und räumt Fehler ein
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hat nach der Veröffentlichung der Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland für sein Erzbistum Konsequenzen angekündigt und Fehler eingestanden. Bei einer Pressekonferenz am Freitag in Freiburg kündigte Burger an, sich persönlich mit Missbrauchsopfern treffen zu wollen und die Präventionsarbeit in der Erzdiözese zu stärken.
"Ich möchte in der Begegnung nicht nur den Betroffenen zuhören, sondern mir von den Betroffenen erzählen lassen, woran gearbeitet werden muss, was überhaupt aus Betroffenensicht die notwendigen Konsequenzen aus dem jahrzehntelangen Missbrauch durch unsere Kleriker sind", so Burger. Er wolle gezielt eine Möglichkeit schaffen, in der Missbrauchsopfer aus ihrem jeweiligen Blickwinkel erzählen könnten, wie sie die Kirche wahrnehmen und erleben.
Mehr Befugnisse für Beraterstab
Darüber hinaus kündigte der Erzbischof an, seinem "Beraterstab zu Fragen im Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger im Erzbistum Freiburg" weitere Befugnisse zu erteilen. Künftig sollten in dem Gremium alle Fragen mit Blick auf Präventionsmaßnahmen sowie Handlungsweisen der Bistumsleitung im Umgang mit Missbrauch thematisiert werden. Außerdem solle eine neue Arbeitsgruppe aus internen und externen Experten Strategien mit Blick auf Klerikalismus, Macht und Missbrauch jeglicher Art entwickeln.
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2010 wurde erstmals eine größere Zahl von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Deutschland bekannt. Seitdem bemüht sich die Kirche um eine Aufarbeitung der Geschehnisse. Bei ihrer Vollversammlung haben die deutschen Bischöfe am 25. September 2018 eine Studie veröffentlicht, die die Missbrauchsfälle im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zwischen 1946 und 2014 dokumentiert.Burger betonte zudem, dass das Erzbistum im Umgang mit Missbrauchsfällen in der Vergangenheit Fehler gemacht habe. "Missbrauchstäter sind in andere Pfarrgemeinden versetzt worden. Das geschah in der Annahme, durch ein Unterbrechen der Täter-Opfer-Beziehung den Missbrauch beenden zu können. Heute wissen wir, dass es nicht reicht, dem Täter ins Gewissen zu reden und ihm gegebenenfalls eine Therapie anzubieten", sagte der Erzbischof. Aus heutiger Sicht betrachtet hätten Verantwortliche in der Bistumsleitung das Ansehen der Kirche über die Interessen der Betroffenen gestellt. "Das hat auch weiteren Missbrauch ermöglicht. Das sind unverzeihliche Fehleinschätzungen, aus denen wir nur lernen können und müssen", so Burger.
"Willkürlicher Umgang mit Akten muss ausgeschlossen werden"
Darüber hinau seien in der Vergangenheit Akten gesäubert worden, so dass Hinweise auf Missbrauch in den Akten heute bekannter Täter nicht zu finden seien. "Dieser willkürliche Umgang mit Akten muss künftig ausgeschlossen werden", erklärte der Oberhirte.
Nach den am Freitag veröffentlichten Zahlen für das Erzbistum Freiburg wurden im Zuge der Missbrauchsstudie 4.114 Personalakten von Klerikern aus den Jahren 1946 bis 2015 ausgewertet. Dabei wurden 190 Beschuldigte identifiziert, unter ihnen 164 Priester, zwölf Ordensangehörige und vier Diakone. Laut dem Erzbistum gab es 442 Betroffene, von denen eine knappe Mehrheit (51,3 Prozent) weiblich war. Die Erzdiözese hat nach eigenen Angaben bisher rund eine Million Euro an Betroffene gezahlt; ergänzend wurden etwa 380.000 Euro für Therapieleistungen übernommen. (stz)