Erdogan besucht "Moschee für Kölle"
Eine Kaskade in Weiß und Gold bestürmt den Betrachter. An den Wänden bilden 1.800 Stuckplatten geometrische Muster. Ein gewaltiger Kronleuchter setzt arabische Kalligrafien in Szene: Der Kuppelsaal der Kölner Zentralmoschee lädt schon seit mehr als einem Jahr zum Gebet ein. Nach jahrelanger Verspätung wurde eines der größten islamischen Gotteshäuser Deutschlands im Juni 2017 in Betrieb genommen.
Eine offizielle Eröffnung ließ bislang auf sich warten – auch wegen der Querelen um den Hausherrn, den deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib. Der für Ende dieser Woche geplante Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan macht nun plötzlich eine feierliche Übergabe möglich – über alle politischen Spannungen hinweg. Weil Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Ditib-Moschee nicht für einen geeigneten Ort für einen von ihm angestrebten "offenen Austausch und kritischen Dialog" mit Erdogan hält, hat er ihm einen Korb gegeben und bleibt dem Festakt fern.
Streitigkeiten um Baumängel sorgen für Verzögerung
Schon vor rund 20 Jahren entstand die Idee, am Bundessitz der Ditib in Köln einen repräsentativen Ort für die religiöse, kulturelle und soziale Begegnung zu schaffen. Nach einem Architektenwettbewerb war 2009 Baubeginn im bunten Stadtteil Ehrenfeld – von Anfang an unter hohen Erwartungen.
Ursprünglich sollte der von den renommierten Architekten Gottfried und Paul Böhm entworfene kühne Komplex im Jahr 2012 öffnen. Die Fertigstellung des Zentrums mit Seminar- und Büroräumen, Einkaufspassage und Tiefgarage verzögerte sich aber unter anderem wegen Streitigkeiten um Baumängel. Es folgte eine langwierige juristische Auseinandersetzung; nach einer Mediation fungiert Paul Böhm inzwischen als Berater der Bauherren. Laut Ditib bringt der Verband die Kosten des 30-Millionen-Projekts komplett über Spenden und Sponsoren auf. Öffentliche Zuschüsse gebe es nicht.
Das Herzstück der über großzügige Freitreppen zugänglichen Anlage ist der 36 Meter hohe, rund 1.200 Besucher fassende Kuppelsaal mit seinen geschwungenen Betonschalen und Glasfassaden. Hier gibt es eigene Galerien für die Frauen der Gemeinde. Die beiden Minarette bringen es auf 55 Meter – etwa ein Drittel des 157 Meter hohen Kölner Doms, in der Rheinmetropole nach wie vor das Maß aller Dinge.
Verbindung orientalischer Elemente mit modernem Islam
Es gehe um eine Verbindung orientalischer Elemente mit einem modernen Islam, wie er ins weltoffene Köln passt, erläutert Projektleiter Selim Mercan und weist auf Deckenmedaillons mit arabischen Blattgold-Inschriften: Sie sind unter anderen Abraham, Mose, Noah und Jesus gewidmet – Persönlichkeiten, die für Muslime ebenso wie für Christen und Juden bedeutend sind. "Das ist ein sehr schönes Zeichen", findet Bauingenieur Mercan. Schon 2007 warb eine Imagekampagne unter dem Motto "Unsere Moschee für Kölle" um ein religionsverbindendes Wir-Gefühl.
Dieses hat nicht zuletzt nach den Spionagevorwürfen gegen Ditib-Imame deutlich gelitten. Trotz allem läuft das alltägliche religiöse und soziale Leben in und um die Moschee. Im Untergeschoss befindet sich die mit LED-Leuchten, Holz, Marmor und einer imposanten Brunnenröhre ausgestattete Passage mit Ladenlokalen und Restaurants. Das Angebot an Speisen soll "halal" sein, also den Vorschriften des Islam entsprechen. Die kuwaitisch-türkische KT Bank wirbt in ihrer Filiale mit einem Slogan, der über dem ganzen Projekt stehen könnte: "Islamisch. Sinnvoll. Handeln".
Das Ziel der Bauherren, den Kölner türkischen Muslimen statt Hinterhofmoscheen ein repräsentatives Zentrum für Kultur und Religionsausübung zu bieten, scheint gelungen. Darum ging es auch dem Moscheebeirat mit rund 40 Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten Institutionen der Stadt. Bei der Grundsteinlegung Ende 2009 lobte der damalige Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Bardakoglu, das Projekt als "Wahrzeichen für Religionsfreiheit". Man darf gespannt sein, welche Worte Präsident Erdogan bei der offiziellen Eröffnung findet.