Spielleiter: Jesus von Oberammergau könnte ein Muslim sein
Der Leiter der Oberammergauer Passionsspiele, Christian Stückl, kann sich einen Muslim in der Rolle des Jesus vorstellen. Eine solche Besetzung halte er theoretisch für möglich, sagte Stückl der Deutschen Presse-Agentur. Das Schauspiel vom Leiden, Sterben und der Auferstehung Christi wird alle zehn Jahre aufgeführt. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Premiere am 16. Mai 2020. Wer Jesus, Judas und Maria werden, ist noch ein Geheimnis.
Vetorecht für Gemeinderat
Die Besetzung wird am 20. Oktober in einer feierlichen Zeremonie nach einem ökumenischen Festgottesdienst bekanntgegeben. Würden einzelne Rollen zu früh bekannt, gebe es nur Gerede, sagte Stückl, der die Passion zum vierten Mal inszeniert. "Warum kriegt der die Rolle und der die Rolle? Da gibt es zu viel Kritik an meiner Entscheidung." Erst kurz zuvor, am 19. abends, wird der Oberammergauer Gemeinderat informiert, der ein Vetorecht hat; dafür ist jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
21 Hauptrollen sind zu besetzen, dazu 127 Nebenrollen. Insgesamt werden gut 2.000 Oberammergauer auf der Bühne stehen. Vom Baby auf dem Arm der Mutter bis zum Greis ist fast der halbe Ort mit 5.200 Einwohnern auf der Bühne. Mitspielen darf nur, wer im Dorf geboren und aufgewachsen ist oder seit mindestens 20 Jahren dort wohnt.
Laienspiel geht auf Pestgelübde zurück
Früher mussten Spieler einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören; seit 2000 sind Konfessionslose und Andersgläubige zugelassen. Ein gebürtiger Oberammergauer muslimischen Glaubens könnte 2020 eine größere Rolle bekommen. Seit 2015 ist Abdullah Kenan Karaca stellvertretender Spielleiter, der Oberammergauer ist Muslim.
Das Laienspiel geht auf ein Pestgelübde zurück. 1633 gelobten die Oberammergauer, alle zehn Jahre die Geschichte der letzten Tage im Leben Christi aufzuführen, wenn niemand mehr an der Pest sterbe. (stz/dpa/KNA)