Expertin: Missbrauchsaufklärung in evangelischer Kirche unzureichend
Die ehemalige Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Christine Bergmann, fordert eine Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. In einem Interview mit "Christ und Welt" beklagt die ehemalige Bundesfamilienministerin, dass Aufklärung im Bereich der EKD bisher nur dann passiert sei, "wenn Betroffene nicht lockergelassen haben".
Eine derartige Studie könne nicht die Aufarbeitung der Landeskirchen ersetzen, sei aber "wichtig und wünschenswert" für einen umfassenden Überblick über die Lage in der EKD. Wichtig sei dabei vor allem die Unabhängigkeit der Aufarbeitung. "Es muss ans Licht, was passiert ist, warum es passieren konnte, wie damit umgegangen wurde", so Bergmann. Das sei die Voraussetzung für eine wirksame Prävention. Darüber hinaus fordert sie eine zentrale öffentliche Stelle, die Fälle erfasst und transparent veröffentlicht. Betroffene sollen dabei ein Recht auf Akteneinsicht erhalten.
EKD plant bisher keine Studie
Bergmann (SPD) war von 1998 bis 2002 Bundesfamilienministerin. Von 2010 bis 2011 war sie Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung. Seit 2016 ist sie Mitglied der "Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs", die 2015 vom Deutschen Bundestag einberufen wurde.
Einer Studie der Aufarbeitungskommission zufolge betreffen im kirchlichen Bereich ein Drittel der Missbrauchsfälle die evangelische Kirche. EKD-Ratspräsident Heinrich Bedford-Strohm hatte im September erklärt, dass es keine mit der MHG-Studie der katholischen Kirche vergleichbare Studie geben würde. Stattdessen werde man unter anderem einen Beauftragtenrat auf EKD-Ebene einrichten. (fxn)