Kliniken sollen mehr Geld und Zeit für Organspenden bekommen
Krankenhäuser in Deutschland sollen mehr Geld und Zeit bekommen, um sich stärker um Organspenden zu kümmern. Das sieht ein Gesetzentwurf von Jens Spahn (CDU) vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Kernpunkte sind unter anderem höhere Vergütungen durch die Krankenkassen und mehr Freiraum für Transplantationsbeauftragte in den Kliniken. "Hauptproblem bei der Organspende ist nicht die Spendebereitschaft", sagte Spahn. Ein entscheidender Schlüssel für mehr Organspenden liege vielmehr bei den Abläufen in vielen Kliniken. Patientenschützer warnten vor Eingriffen in den Datenschutz und in die Bürgerrechte schwerstkranker Menschen.
Konkret sollen die Transplantationsbeauftragten in den bundesweit rund 1.300 Krankenhäusern für Organ-Entnahmen verbindlich von anderen Aufgaben befreit werden – durch einheitliche Vorgaben, die sich an der Zahl der Betten in Intensivstationen richten. Die Experten sollen auch Patienteninformationen auswerten können und hinzugezogen werden, wenn Patienten nach Einschätzung von Ärzten Spender sein könnten. Für sie ist auch ein Zugangsrecht zu Intensivstationen geplant. Den Kliniken soll der ganze Prozess von Organspenden besser vergütet werden, wie Spahn sagte – damit sie dafür nicht finanziell bestraft werden.
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Das Thema Organspende erhitzt die Gemüter. Berlins Erzbischof Heiner Koch lehnt die Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Jens Spahn entschieden ab. Stattdessen macht er einen anderen Vorschlag. (Artikel von September 2018)Der Minister sagte, das Gesetz werde Leben retten. "Das sind wir den 10.000 Menschen schuldig, die auf ein Spenderorgan warten." Die Spenderzahlen sind jedoch seit 2012 gesunken. Die Zahl der Spender erreichte laut Deutscher Stiftung Organtransplantation (DSO) im vergangenen Jahr einen Tiefpunkt von 797. Im ersten Halbjahr 2018 gab es eine Zunahme, was aber eher eine Momentaufnahme darstellte, wie die Stiftung erklärte. Dem Gesetz muss der Bundestag noch zustimmen. In Kraft treten soll es voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019.
Die Pläne sehen auch einen neuen Bereitschaftsdienst mit mobilen Ärzteteams vor, die flächendeckend die medizinische Voraussetzung für Organentnahmen feststellen können: den endgültigen, nicht behebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Das soll vermeiden helfen, dass Organspenden in kleinen Kliniken ohne eigene Experten daran scheitern. Erleichtert werden soll auch ein Austausch zwischen Betroffenen – mit Regeln für anonymisierte Schreiben, mit denen sich Organempfänger bei den Angehörigen von Organspendern bedanken können.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte es, die Organisation in Krankenhäusern für Organspenden zu stärken. "Jedoch müssen hierbei stets die Patientenrechte gewahrt bleiben", sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Nicht zu akzeptieren sei es, wenn Transplantationsbeauftragte schon vor Feststellen des Hirntodes uneingeschränkt Einsicht in Patientenakten nehmen dürften. Akteneinsicht dürfe es nur mit Zustimmung des Betroffenen oder eines Bevollmächtigten geben.
Spahn sagte dazu, Transplantationsbeauftragte seien per Gesetz Ärzte, die der Schweigepflicht unterliegen. Damit werde allen datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen. Brysch entgegnete, im Entwurf stehe, dass Transplantationsbeauftragte keine Ärzte sein müssten.
Unabhängig von dem Gesetz wird über neue Regeln für Organspenden diskutiert. Den Anstoß zu einer offenen Entscheidung im Bundestag hatte Spahn gegeben, der für eine Umstellung auf eine doppelte Widerspruchslösung wirbt. Das bedeutet, dass automatisch jeder als Spender gilt. Dazu soll man aber zu Lebzeiten ausdrücklich Nein sagen können, ansonsten sind – als doppelte Schranke – noch Angehörige zu fragen. Bisher gilt das umgekehrte Prinzip, wonach Organentnahmen nur bei ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt sind.