Ein Dommuseum für Magdeburg
Seit Jahrhunderten zieht der Magdeburger Dom am Elbufer die Blicke der Reisenden an. Eng mit der ab 1207 errichteten ersten gotischen Kathedrale auf deutschem Boden verbunden ist ein großer europäischer Herrscher: Kaiser Otto der Große (912-973), der vor 1.050 Jahren die Gründung des Erzbistums Magdeburg durchsetzte und im Dom zusammen mit seiner ersten Frau, Königin Editha (910-946), seine Grablege hat. Das neue Dommuseum Ottonianum Magdeburg (DOM) will seinen Besuchern nun ein Schaufenster in diese bedeutsame Zeit europäischer Geschichte eröffnen. Am Samstag ist die Einweihung im Gebäudes der ehemaligen Reichsbank nahe dem Magdeburger Dom.
Anders als in anderen bedeutsamen Bischofsstädten gab es in Magdeburg bisher kein Dommuseum, das die historischen Kostbarkeiten der Kathedralgeschichte präsentiert. Das freilich lag in erster Linie daran, dass die "Schätze" des früheren Erzbischofssitzes in den Wirren von Reformation, Religionskriegen und Säkularisierung weitgehend zerstört oder gestohlen wurden. Teile wie die wenigen erhalten gebliebenen "Magdeburger Elfenbeintafeln" finden sich heute in den Sammlungen des Metropolitain Museum of Art in New York, des Louvre in Paris und des British Museum in London. Repliken davon sind nun auch wieder in Magdeburg zu sehen.
Unter den rund 100 Ausstellungsobjekten, die auf gut 650 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu sehen sind, befinden sich teils spektakuläre Funde der Dom- und Domplatzgrabungen der vergangenen Jahrzehnte, darunter etwa Königin Edithas Bleisarg. Die Wiederentdeckung ihrer Gebeine 2010 sorgte für weitreichende wissenschaftliche Beachtung. Auch die damals im Sarg gefundenen 4.829 Insekten haben ihren Platz im neuen Museum gefunden sowie im angegliederten Shop.
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Aber auch kostbare Stoffe und Beigaben aus den Gräbern der Erzbischöfe Wichmann von Seeburg (1115-1192) und Otto von Hessen (1301-1361) sind zu sehen. Es sei eine sehr komplexe und aufwändige Restaurierungen der Bischofsgräber, erläutert Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller: "Die jetzt zu sehende Qualität mancher Exponate ist ein wirklich Wunder der Restaurierungskunst."
Heute ist der Magdeburger Dom evangelisch
Größtes Ausstellungsstück ist das gemauerte Grab eines Vertrauten Kaiser Ottos aus dem Jahr 963. Überdies sind eine ganze Reihe antik-römische Bauteile von den ottonischen Bauten am Domplatz zu sehen. Modern daher kommt ein virtuell-interaktives Echtzeitmodell des Magdeburger Doms, das die Baugeschichte und ausgewählte Kunstwerke der Kathedrale erlebbar macht.
Heute ist der Magdeburger Dom evangelisch und das katholische Bistum Magdeburg ist mit gut 82.000 Mitgliedern das zweitkleinste in Deutschland. Doch im Ottonianum bekommt der Besucher große, staunende Augen, wenn er erfährt, wie mächtig das einzige Erzbistum im Mittelalter war: bedeutsame Metropole des Heiligen Römischen Reiches und wichtiger Stützpunkt für die Slawenmissionierung östlich der Elbe - was nicht zuletzt mit einer Herrschaftserweiterung für Kaiser Otto verbunden war. Thron und Altar zogen damals Hand in Hand gen Osten.
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Ausgestattet wurden die Magdeburger Erzbischöfe von Papst und Kaiser mit reichlich Privilegien: Sie allein durften den Titel "Primas Germaniae" (Erster des Reiches) führen und am Königshof bei Tisch ganz vorn sitzen. Im Laufe des Hoch- und Spätmittelalters erlangten sie große politische Bedeutung, bis das Erzbistum 1680 unterging.
Das Ottonianum ist ein Kooperationsprojekt der Landeshauptstadt Magdeburg, des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Die Investitionskosten beziffern sie auf knapp vier Millionen Euro.
Jährlich 50.000 Besuchern werde das neue Museum anziehen, prognostiziert die Direktorin der Magdeburger Museen, Gabriele Köster. Und Landesarchäologe Meller zeigt sich überzeugt: "Es wird eines der schönsten und interessantesten Museen des Landes."