Diese Veränderungen fordert Essens Bischof nach Missbrauchsstudie

Overbeck: Unsere Kirche hat Vertrauenskrise extremsten Ausmaßes

Veröffentlicht am 08.11.2018 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 

Mülheim ‐ Nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie steht die Kirche vor nie dagewesenen Problemen, meint der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Er sagt, was sich in der Institution künftig ändern müsse.

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Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck fordert nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie deutliche Veränderungen in der katholischen Kirche. Diese erlebe "eine Vertrauenskrise extremsten Ausmaßes", sagte der Ruhrbischof bei einer Podiumsdiskussion in Mülheim an der Ruhr. Fragen zur Sicht der Kirche auf Homosexualität, Zölibat, Machtmissbrauch und die Rolle der Frau müssten neu gestellt und beantwortet werden, so Overbeck nach Angaben des Bistums vom Mittwoch.

An der Diskussion nahmen auch zwei der Autoren der Missbrauchsstudie teil, die die katholischen Bischöfe in Auftrag gegeben hatten. Sie empfahlen der Kirche "ausführliche Auseinandersetzungen" über den Pflicht-Zölibat für Priester und "die Vielfalt sexueller Lebens- und Ausdruckformen". Das "Abdrängen" bestimmter Lebensformen wie der Homosexualität begünstige deren missbräuchliche Ausprägung.

Sexualität und Erotik müssen Thema bei Priesterausbildung sein

"Wir müssen daran arbeiten, was neuere Erkenntnisse zum Beispiel der Biologie, der Psychologie oder der Medizin ganz real für unsere Kirche bedeuten", sagte der Bischof. "Da stehen wir erst am Anfang." Er forderte, dass Sexualität und Erotik schon in der Priesterausbildung ein intensiveres Thema sein müssten. Für Kleriker sei die Gefahr des Machtmissbrauchs sehr groß.

In der Vergangenheit sei "die Kirche schuldig geworden, weil sie mehr auf die Priester als auf die Opfer geachtet hat", so Overbeck. Heute stehe der Blick auf die Betroffenen im Mittelpunkt sowie die gemeinsame Abstimmung des Vorgehens mit ihnen, erklärte die Präventionsbeauftragte des Ruhrbistums, Andrea Redeker.

Laut der Studie gab es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Priestern. Bei den zwischen 1946 und 2014 erfassten Betroffenen handelte es sich überwiegend um männliche Minderjährige; mehr als die Hälfte war zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre.

Das Bistum Essen hatet bereits 2012 eine Anwaltskanzlei beauftragt, insgesamt 1.549 Personalakten zu sichten. Dabei wurden 85 Betroffene und 60 Beschuldigte ausgemacht. Von den Beschuldigten wurden 19 juristisch belangt: sieben von ihnen straf- und kirchenrechtlich, vier nur strafrechtlich und acht nur kirchenrechtlich. Bisher wurden nach Angaben der Diözese 262.000 Euro an Opfer in Beträgen zwischen 1.000 und 15.000 Euro ausgezahlt. (tmg/KNA)