Bischof Overbeck will katholische Sexualmoral weiterentwickeln
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat sich für eine "Weiterentwicklung" der katholischen Sexualmoral ausgesprochen. Die Kirche müsse die Frage beantworten, was Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften zu Homosexualität, zu Gender-Fragen oder zu den Rollen von Mann und Frau für die Theologie bedeuten, sagte Overbeck in Mülheim, wie das Bistum Essen am Montag mitteilte. Mit Blick auf homosexuelle Menschen forderte der Bischof, sie dürften in keiner Weise diskriminiert werden.
Die Kirche habe in der Vergangenheit versucht, "verloren gegangene politische Macht durch die Moral zu retten", sagte der Bischof. Dadurch sei in Fragen der Sexualität ein moralischer Druck auf die Gläubigen entstanden, der - im Vergleich zu anderen Glaubensthemen - unverhältnismäßig gewesen sei. Auch angesichts der Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Missbrauchsstudie müsse die Kirche nun fragen: "Was ist von dieser Moral noch gültig - und was nicht mehr?" Hinter diese Frage komme die Kirche "nicht mehr zurück".
Bereits kurz nach Bekanntwerden erster Ergebnisse der MHG-Studie hatte Overbeck angekündigt, über die Sexualmoral sowie Machtfragen in der Kirche diskutieren zu wollen, und schloss dabei grundsätzliche Veränderungen nicht aus. Er wolle die Ergebnisse "sehr ernst zu nehmen", versicherte Overbeck in einem Brief an die Kirchengemeinden seines Bistums. Dazu gehörten "vor allem auch die alarmierenden Hinweise, dass einige Vorstellungen und Aspekte unserer katholischen Sexualmoral sowie manche Macht- und Hierarchiestrukturen sexuellen Missbrauch begünstigt haben und immer noch begünstigen", so der Bischof. Darüber müsse in der Bischofskonferenz, aber auch in der gesamten Kirche "offen und angstfrei" gesprochen werden, um die richtigen Konsequenzen zu ziehen. (tmg/KNA)