Kyrill: "Es ist noch nicht zu spät für Umkehr"
Im Streit um die Gründung einer von Moskau unabhängigen ukrainisch-orthodoxen Kirche hat das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., das Vorgehen des Patriarchen von Konstantinopel kritisiert. Er warnte Patriarch Bartholomaios I. davor, sich mit "Schismatikern gemein zu machen und am politischen Glücksspiel ihrer Legalisierung" teilzunehmen, heißt es in dem vom Internetportal orthochristian.com am Mittwoch veröffentlichten Brief. Die Gründung einer von Moskau unabhängigen ukrainischen orthodoxen Kirche Mitte Dezember entspreche zudem nicht kanonischem Recht.
Seit dem Vereinigungskonzil am 15. Dezember gibt es in der Ukraine zwei orthodoxe Kirchen. Während die Ukrainische Orthodoxe Kirche dem Patriarchat von Moskau untersteht, strebt die neugegründete "Orthodoxe Kirche der Ukraine" nach kirchlicher Eigenständigkeit (Autokephalie). Bartholomäus I. unterstützt die Unabhängigkeitsbestrebungen und will sie am 6. Januar als eigenständig anerkennen. Die russisch-orthodoxe Kirche, die dadurch ein Drittel ihrer Pfarreien verlieren würde, lehnt das ab. Aufgrund des Streits um die ukrainische Kirche hat Moskau die diplomatischen Beziehungen zu Konstantinopel abgebrochen.
Kyrill antwortete jetzt auf einen Brief von Bartholomaios. Dieser hatte geschrieben, dass er als Patriarch von Konstantinopel über die "außergewöhnliche Autorität, Autokephalie zu gewähren", verfüge. Zwar sei Bartholomaios Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Christen, er habe allerdings als "Primus inter pares" (Erster unter Gleichen) keine Entscheidungsgewalt über die Kirchen außerhalb seines eigenen Patriarchats, teilte Kyrill mit.
Nur zwei der 90 Bischöfe der moskautreuen orthodoxen Kirche der Ukraine hatten am Vereinigungskonzil am 15. Dezember teilgenommen. Bartholomaios befürworte deshalb keine Einheit der drei orthodoxen Kirchen in der Ukraine, sondern ein Schisma, so Kyrill. Dass die Bischöfe aufgrund von "Druck aus Moskau" abgesagt hätten, sei falsch. Vielmehr sei Bartholomaios von den politischen Kräften in der Ukraine beeinflusst worden. Schließlich hätten nicht nur der Vertreter des Patriarchen von Konstantinopel und des Metropoliten von Kiew, sondern auch der säkulare Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, an der Versammlung im Dezember teilgenommen.
Die Geschichte des Patriarchats von Konstantinopel zierten Dutzende großer Namen. "Jedoch gab es auch jene, die es entehrt haben. Reiht Euren noch-respektierten Namen nicht in die Liste dieser berühmt-berüchtigten Bischöfe ein", warnte Kyrill. Halte Bartholomaios an seinem Kurs fest, verlöre Konstantinopel seinen Status als Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirche. (cst)