Das Ende des Happy Ends
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Vielleicht geht es Ihnen ja wie mir: Ich sehe im Fernsehen gerne Krimis! Der sonntägliche Tatort ist in unserer Familie seit Menschengedenken ein fester Termin, den niemand durch nicht gerade lebensnotwendige Anrufe, durch das "Pling" vorgeblich witziger Sprach- oder Bildnachrichten oder gar durch einen spontanen Besuch stören sollte.
Und vielleicht ist Ihnen bei unserer eventuell gemeinsamen Leidenschaft in letzter Zeit ja auch dasselbe aufgefallen wie mir: Unsere Fernsehkrimis, so meine ich zu beobachten, werden nicht nur schleichend immer grausamer. Ein ordentliches Gerichtsverfahren, das wir früher nach der letzten Klappe fast selbstverständlich zu ergänzen pflegten, scheint immer weniger den routinemäßigen Schlusspunkt der televisionären Ermittlungen zu bilden. Entweder die Übeltäter werden quasi standrechtlich von einer Polizeikugel ins Jenseits befördert oder sie entgehen der irdischen Gerechtigkeit, weil unsere Gerichte offensichtlich nur noch die Kleinen hängen, die Großen aber laufen lassen.
Beides halte ich für ein verhängnisvolles Ende gerade der differenzierten Geschichten, zu denen Krimis inzwischen ja oft geworden sind. Damit will ich nicht zu einer weiteren Medienschelte ansetzen, wie sie momentan den unterschiedlichsten Menschen leider nur allzu leicht von den Lippen kommt. Ich fürchte vielmehr, dass die Drehbuchautoren mit dem oft ebenso blutigen wie resignativen Ausgang ihrer Geschichten nur eine Tendenz einer Gesellschaft abbilden, in der das Vertrauen in die beschützende und ausgleichende Kraft ihrer Institutionen verloren zu gehen droht. Eine vielfach als verstörend und ungerecht empfundene Wirklichkeit hat ihren Weg in die Fiktion gefunden.
Die Aufforderung aus dem Römerbrief, nicht selbst Vergeltung zu üben, sondern Raum für das Zorngericht Gottes zu lassen, kann vor diesem Hintergrund selbst von den bibeltreuesten der Bibeltreuen nicht zur Beruhigung der Gemüter ins aufgewühlte Feld geführt werden, denn hier ist von privater Rache und nicht von staatlicher Rechtspflege die Rede. Eine öffentlich kontrollierte Polizeigewalt und eine unabhängige Justiz sind und bleiben unabdingbar für das Funktionieren jedes Gemeinwesens.
Hüten wir uns also vor dem Eindruck, wir hätten beides nicht mehr!