Warum die Orthodoxen am 6. Januar Wasser weihen
Epi – was? Epiphanie. So heißt offiziell das Fest, das die katholische Kirche am 6. Januar begeht. Die Gläubigen feiern dabei die Erscheinung des Herrn, sprich das Offenbarwerden Gottes in der Welt, in drei Ereignissen: die Taufe Jesu im Jordan, sein erstes Wunder bei der Hochzeit zu Kana – und natürlich die Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenland, die nach Betlehem gekommen sind, um dem Gotteskind Jesus zu huldigen. Da der Evangeliumstext (Mt 2,1–12) von ihnen erzählt, stehen die "Heiligen Drei Könige" an diesem Tag besonders im Fokus.
Auch die orthodoxen Kirchen feiern das Fest der Epiphanie, auch Theophanie genannt. Doch anders als im Westen spielen bei ihnen die "Heiligen Drei Könige" keine Rolle: Sie gedenken an diesem Tag ausschließlich der Taufe Jesu im Jordan. Bei diesem Ereignis offenbarte sich Gott laut Lukasevangelium Johannes dem Täufer und der anwesenden Menschenmenge: "Während er [Jesus] betete, öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden" (Lk 3,22–23).
Wenn der 6. Januar auf den 19. fällt
Die meisten orthodoxen Kirchen, darunter auch die griechisch-orthodoxe, feiern Epiphanie am 6. Januar – wie auch die katholische Kirche. Die Gläubigen der russisch-orthodoxen und serbisch-orthodoxen Kirche, die Weihnachten nach dem Julianischen Kalender und damit erst am 6. und 7. Januar feiern, begehen das Fest erst am 19. Januar. Traditioneller Bestandteil der Feierlichkeiten ist die sogenannte Große Wasserweihe. Die Zeremonie ist seit dem vierten Jahrhundert bezeugt und kam vermutlich von Jerusalem über Konstantinopel nach Osteuropa. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland vielerorts orthodoxe Wasserweihen, zu der die Gemeinden Vertreter anderer Glaubensgemeinschaften sowie alle Interessierten einladen.
Dieser traditionelle Ritus gehört zu den eindrucksvollsten Feiern der orthodoxen Kirche. Meist findet sie im Anschluss an einen großen Festgottesdienst statt. Die Gemeinde fährt dazu alles auf –Prozessionsfahnen, Festtags-Ikone, Kreuz und Evangeliar – und versammelt sich damit an einem Fluss, einem See oder sogar am Meer. Der Priester legt das Kreuz und das Evangelienbuch auf ein festliches Lesepult, ein sogenanntes Analogion. Dann werden Kerzen an die Gläubigen verteilt und angezündet. Der Priester inzensiert den Tisch mit Weihrauch, die Festtags-Ikone und alle Gläubigen, während die Liturgie gesungen wird. Daraufhin spricht der Priester ein großes Segensgebet und taucht das Kreuz drei Mal unter. In manchen Gegenden tauchen die Erwachsenen anschließend nacheinander in das Wasser. In den russischsprachigen Ländern kommt es sogar vor, dass Mütter ihre Säuglinge in das – dem strengen russischen Winter entsprechend – eiskalte Wasser eintauchen.
In den südlicheren Ländern, zum Beispiel in Griechenland, wirft der Priester am Schluss der Feier ein orthodoxes Kreuz in den Fluss oder ins Meer, nach dem Jugendliche dann tauchen. Wer das Kreuz im tiefen Wasser findet, erhält einen besonderen Segen und besucht danach mit dem Kreuz alle Haushalte. In Konstantinopel überreicht der Finder das Kreuz dem Patriarchen.
Wasser für harte Zeiten
In allen Ländern nehmen die Gläubigen das gesegnete Wasser in Flaschen mit nach Hause. Sie segnen damit ihre Wohnungen, die Haustiere und besondere Habseligkeiten. Das Wasser soll gemäß der Tradition nicht verderben – selbst wenn es ein Jahr lang in der Flasche neben der Ikone im Haus steht. Benutzt wird es in großer Not, bei Krankheit oder Angst – zum Besprenkeln und zum Trinken.
Durch die Taufe Jesu im Jordan wurde laut orthodoxer Theologie das Wasser dieses Flusses und aller Flüsse weltweit gesegnet. Deshalb werde, wie orthodoxe Theologen betonen, mit der Großen Wasserweihe die ganze Natur und Schöpfung geweiht. Die Große Wasserweihe sei somit auch ein Zeichen für den Einsatz der Christen für die Bewahrung der Schöpfung.
Auch in der Bundeshauptstadt Berlin wird dieses Jahr am 6. Januar erneut eine griechisch-orthodoxe Wasserweihe an der Spree stattfinden. Die Zeremonie wird Bischof Johannes Haikal von der rum-orthodoxen Kirche des Patriarchats von Antiochien vornehmen. Vertreter verschiedener orthodoxer Kirchengemeinden und anderer Kirchen sowie Diplomaten und Politiker werden voraussichtlich daran teilnehmen.
Dieser Text ist ursprünglich am 05.01.2019 erschienen und wurde aktualisiert.