Benedikt XVI. begnadigt seinen Ex-Butler Paolo Gabriele

Geste der Vergebung

Veröffentlicht am 23.12.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatileaks

Vatikanstadt ‐ Drei Tage vor Weihnachten hat Papst Benedikt XVI. seinen früheren, wegen Geheimnisverrats verurteilten Kammerdiener Paolo Gabriele begnadigt. Am Samstag stattete er seinem langjährigen Butler einen Besuch in dessen Haftzelle ab, um ihm persönlich mitzuteilen, dass er das Gnadengesuch angenommen und ihm die Strafe erlassen habe. Als freier Mann konnte der 46-Jährige sofort danach zu seiner Familie in die nahegelegene Vatikanwohnung zurückkehren.

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Was Benedikt XVI. und sein früherer Mitarbeiter bei der 15-minütigen Begegnung gesprochen haben, darüber machte Vatikansprecher Federico Lombardi bei einer anschließenden Pressekonferenz keine Angaben. "Es war eine sehr persönliche Begegnung". Und es sei "eine väterliche Geste" gegenüber einer Person, mit der der Papst sechs Jahre lang täglichen familiären Umgang hatte.

"Es gibt eine gute Nachricht zum Abschluss einer traurigen Angelegenheit", begrüßte Lombardi die Journalisten zum kurzfristig anberaumten Pressetermin. Sieben Monate nach seiner Verhaftung kam Gabriele, den das Vatikangericht am 6. Oktober zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt hat, wieder frei. Allerdings wird er nicht weiter im Vatikan arbeiten und wohnen können, bestätigte Lombardi. Die Modalitäten müssten im Einzelnen noch geklärt werden.

Aber der Vatikan wolle ihm "im Vertrauen auf die Aufrichtigkeit der geäußerten Reue, die Möglichkeit bieten, unbehelligt das Leben mit seiner Familie weiterzuführen". Vermutlich werde man ihm an anderer Stelle in vatikanischen oder kirchlichen Diensten eine Beschäftigung beschaffen, hieß es schon vorab in Rom.

Begnadigung nicht überraschend

Die vorzeitige Begnadigung für den untreuen Kammerdiener zu Weihnachten kam nicht überraschend. Schon zum Ende des einwöchigen Prozesses im Oktober hatten Beobachter vermutet, Gabriele werde nicht die gesamte Haftzeit absitzen müssen - obwohl diese bereits vorab von drei auf eineinhalb Jahren halbiert worden war. Freilich musste er doch zunächst in die Haftzelle der vatikanischen Gendarmerie-Kaserne, die er täglich einmal, später auch zweimal zum Hofgang verlassen konnte.

Dass die Begnadigung dann zu Weihnachten kam, zweieinhalb Monate nach dem Prozess, hat seinen Grund im liturgischen Kalender: Weihnachten als Fest der Geburt Christi ist ein Fest der Friedens, der Freude und der Aussöhnung - und auch im zivilen Bereich durchaus ein Amnestie-Anlass.

Der ehemalige päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele.
Bild: ©picture alliance / dpa/L'osservatore Romano /Handout

Der ehemalige päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele.

Ob das traurige Kapitel Vatikleaks damit vollständig abgeschlossen ist, bleibt abzuwarten. Lombardi bestätigte, dass der in einem parallelen Verfahren wegen Justizbehinderung verurteilte Informatiker Claudio Sciarpelletti seine Arbeit im Vatikan inzwischen wieder aufgenommen habe. Die Frage der Hafterlassung stelle sich bei ihm nicht, da er zu einer Bewährungsstraft verurteilt worden war. Aber auch für ihn prüfe man derzeit ein Gnadengesuch, das ihm die gerichtlichen Auflagen und Konsequenzen erlassen könnte.

Offene Fragen bleiben

Dennoch bleiben nach Ende des Prozesses und nach Freilassung des Täters Fragen offen. Weiterhin ist ungeklärt, wie der Kontakt zwischen Gabriele und dem Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi zustande kam. Dieser hatte zunächst einzelne Dossiers, die der untreue Kammerdiener für ihn kopiert und ihm zugespielt hatte, in einer TV-Sendung veröffentlicht. Mitte Mai hatte er dann in einem Buch Dutzende von vertraulichen Papstdokumenten als Buch herausgegeben.

Unbekannt ist, ob irgendwo noch weitere, von Gabriele entwendete Geheimdokumente auf eine Veröffentlichung warten. Und die spannende Frage bleibt, ob von Gabriele demnächst weitere Details zu seinem Geheimnisverrat im Papstappartement zu erwarten sind.

Dagegen spricht, dass Gabriele seine Tat offenbar bereut, wie das vatikanische Begnadigungs-Kommuniqué mitteilt. Denn zur Reue gehört untrennbar die Absicht hinzu, die Straftat nicht zu wiederholen. Und im Fall Vatileaks ging es um einen schweren Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht - die für Vatikanangestellte auch nach dem Ausscheiden aus ihrem Dienstverhältnis gilt.

Von Johannes Schidelko

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