Vom "Gastarbeiterbischof" zum Streiter für die Ökumene
Er fehlt seit Jahrzehnten bei kaum einem wichtigen kirchlichen oder staatlichen Anlass - bei zentralen ökumenischen Gottesdiensten, bei Evangelischen Kirchen- und bei Katholikentagen und vielen anderen Gelegenheiten repräsentiert er die orthodoxe Kirche. Nun wird das Wirken des seit 1980 amtierenden griechisch-orthodoxen Metropoliten von Deutschland, Augoustinos, gleich von zwei ökumenischen Dachverbänden gewürdigt: Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und der Ökumenische Rat Berlin-Brandenburg (ÖRBB) ehren ihn am Donnerstag gemeinsam für sein "ökumenisches Lebenswerk". Anlass ist der bundesweit zentrale Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, der diesmal im Berliner Dom gefeiert wird.
Der 80-jährige Augoustinos habe als Priester, Bischof und höchster Vertreter der Orthodoxen Kirche in Deutschland "Großes für die Stärkung der Orthodoxen Kirche und die Gemeinschaft der Kirchen in unserem Land geleistet", begründete der ACK-Vorsitzende, Bischof Karl Heinz Wiesemann, die Ehrung. "Wir sind Gott von Herzen dankbar für den Dienst von Metropolit Augoustinos und möchten dies gemeinsam zum Ausdruck bringen", so der Bischof von Speyer. Die Laudatio zum Ehrenpreis hält Altbundespräsident Christian Wulff.
Die ökumenische Auszeichnung fällt in eine Zeit, in der die weltweite Orthodoxie wegen des Konflikts um die kirchliche Jurisdiktion in der Ukraine von heftigen Auseinandersetzungen geprägt ist. Weil der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, zu dessen Kirche auch Augoustinos gehört, die Eigenständigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche anerkannt hat, hat die Russische Orthodoxe Kirche die Kirchengemeinschaft mit ihm aufgekündigt. Davon betroffen ist auch die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), deren Vorsitz Augoustinos seit der Gründung 2010 innehat: Die Bischöfe der russischen Kirche haben im vergangenen Herbst ihre Mitarbeit dort "vorläufig" eingestellt.
Für den aus Kreta stammenden Bischof mit dem bürgerlichen Namen Georgios Labardakis, der den größten Teil seines Lebens in Deutschland verbracht hat, ist das ein herber Rückschlag, hat er sich doch immer für die Gemeinschaft der orthodoxen Diözesen verschiedener nationaler Herkunft eingesetzt. Mit rund zwei Millionen Gläubigen sind sie mittlerweile die drittgrößte christliche Konfession in Deutschland nach Katholiken und Protestanten. In mehreren Bundesländern haben sie einen orthodoxen Religionsunterricht in der Schule etabliert.
Die Entwicklung von der "Gastarbeiterkirche", die die griechisch-orthodoxe Metropolie bei ihrer Gründung 1963 noch war, zu einer in Deutschland heimischen Kirche mit rund 450.000 Christen in 56 Gemeinden und mit über 150 Gottesdienststätten ist in einem hohen Maß Augoustinos und seiner beharrlichen Aufbauarbeit zu verdanken. Bereits 1972 wurde er zum Vikarbischof der Metropolie gewählt, seine Bischofsweihe in Frankfurt am Main war die erste eines griechisch-orthodoxen Bischofs in Deutschland.
Damals lebte er schon einige Jahre in der Bundesrepublik, in die er zur Fortsetzung seine Studiums gekommen war. So hörte er noch in Münster Vorlesungen bei Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., anschließend ging er an die Freie Universität Berlin (FU).
Nach der Priesterweihe 1964 war er in Berlin Pfarrer der Gemeinde des heiligen Nikolaus im Westteil der Stadt, betreute aber auch die orthodoxen Griechen in Ostberlin. Am FU-Seminar für Katholische Theologie hielt er daneben Vorlesungen über orthodoxe Theologie. In Berlin war er auch von 1973 bis 1979 Vorsitzender des damaligen Ökumenischen Rats Berlin, dem Vorgänger des heutigen ÖRBB. Auf Bundesebene wurde er erstmals 1978 stellvertretender Vorsitzender der ACK. Die jetzige Ehrung in Berlin hat somit für den Metropoliten, der seinen Dienstsitz in Bonn hat, auch vielfältige biografische Bezüge.