Vom Rheinland nach Berlin
Es kandidieren die bisherige Vizepräses Petra Bosse-Huber, der Wuppertaler Oberkirchenrat und Personalchef der Landeskirche, Manfred Rekowski, sowie Kirchentagsgeneralsekretärin Ellen Ueberschär.
Schneider dagegen ist künftig glücklicher Großvater - und noch bis 2015 als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aktiv. Für dieses Amt allerdings findet sich sein Büro nicht mehr im eher schmucklosen Landeskirchenamt an der Düsseldorfer Hans-Böckler-Straße, sondern an einem der schönsten Plätze der Hauptstadt, dem Berliner Gendarmenmarkt.
Argumente und Selbstkorrektur
Der Abschied falle trotzdem schwer, sagte Schneider kürzlich. Überraschend ist das nicht. Denn der frühere Arbeiterpfarrer aus dem Ruhrgebiet ist ein Beziehungsmensch. Jovial, freundlich, und doch verbindlich: Persönliche Kontakte prägen Schneiders Leitungsstil, Erfahrungen aus der Seelsorge seine Theologie. Egal, ob es die ethische Bewertung von Präimplantationsdiagnostik, Spätabtreibungen oder Sterbehilfe war - Schneider argumentierte immer auch an Hand von Fällen aus dem Bekanntenkreis oder Menschen, denen er in einer seiner früheren Gemeinden begegnete.
Selten hielt er sich an Dogmen fest, eher äußerte er eigene Positionen. Auch wenn ihm das gelegentlich jede Menge Ärger einbrachte: Etwa 2009, als Schneider öffentlich die Lehre vom stellvertretenden Sühnetod Christi kritisierte. Wofür der Theologe umgehend jede Menge Prügel bezog. Mittlerweile hat seine Landeskirche eine Arbeitshilfe zu dem Thema veröffentlicht. Und Schneider ruderte zurück. "Durch sein Leiden und Sterben wird Christus zum Mittler eines neuen Bundes, in dem Gottes ewige Verheißungen für die Menschen gelten", sagte er am Karfreitag 2012. "Durch seinen Opfertod bewirkte Christus, woran jeder irdische Kult gescheitert ist: Wir Menschen sind aus der absoluten Macht der Sünde und damit von dem Verhängnis der Gottferne befreit." Es ist eine Stärke Schneiders, eigene Positionen im Fall des Falles auch zu revidieren.
Gerne Gottesdienste mit Kardinal Meisner
Signale setzte Nikolaus Schneider auch in der Ökumene: Regelmäßig feiert er Gottesdienste mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner, zu dem der rheinische Präses gute Beziehungen pflegt. Und als im Sommer die Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt anstand, beteiligte sich der leitende Geistliche der rheinischen Kirche ganz selbstverständlich am ökumenischen Programm - auch gegen Kritiker aus den eigenen Reihen, die an Luthers Verdammung der "Bescheißerei zu Trier" erinnerten.
Überschattet wurden die letzten Jahre der Amtszeit Schneiders indes von Skandalen, die den meist um Konsens bemühten Theologen sichtlich trafen. Da war zum einen der Streit um den früheren Studienfreund Jürgen Fliege - ein Disziplinarverfahren im Landeskirchenamt war sicher nicht das, was Schneider dem durch seine Fernseh-Talkshow bekanntgewordenen Theologen wünschte. Doch selbst für den stets um Konsens und Versöhnung bemühten Präses war mit dem Verkauf einer dubiosen "Fliege-Essenz" ein Rubikon überschritten.
Schärfer noch traf ihn der Finanzskandal um das Beihilfe- und Bezügezentrum (bbz) der Rheinischen Landeskirche: Es benötigte Zuschüsse im zweistelligen Millionenbereich, weil es Geld in dubiosen Investmentgeschäften angelegt hatte. Wer hatte Schuld, wer wusste was? Das Bild der rheinischen Kirche wankte, auch Kirchenleitungsmitglieder mussten sich rechtfertigen - und völlig aufgeklärt worden ist der Skandal noch immer nicht. Erst während der Tagung der Landessynode soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden. Seinen letzten Bericht als Präses der Rheinischen Kirche hat Nikolaus Schneider dann freilich bereits gehalten.
Von Benjamin Lassiwe