Die Debatte dauert an
Unter anderem wehrt sich die Bischofskonferenz entschieden gegen die Vorwürfe der Zensur und der Aktenvernichtung. Es gebe "keinerlei Hinweise für Aktenvernichtungen im kirchlichen Bereich", bekräftigte der DBK-Sekretär Hans Langendörfer am Donnerstag im Deutschlandfunk.
Auch sei im letzten Entwurf des Vertrags mit Pfeiffer vom 5. Oktober keine Rede davon, dass es "Kontrolle oder Zensur" geben solle, so Langendörfer weiter. Der Entwurf habe nur von Pfeiffer akzeptierte Formulierungen enthalten, wonach die erstellten Forschungsberichte für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden könnten.
Langendörfer räumte im Deutschlandfunk jedoch ein, dass es Differenzen über die Aufbewahrung von auf Tonband aufgezeichneten Interviews gegeben habe. Diese "delikaten persönlichen Daten" hätten einen "noch größeren Schutz" verlangt, als Pfeiffer es sich vorgestellt habe. Hier sei es aber lediglich um die Aufbewahrung der Protokolle gegangen und nicht darum, deren Auswertung zu verhindern.
Politiker: Kirche darf nicht nachlassen
Führende Politiker forderten die katholische Kirche unterdessen auf, nicht nachzulassen bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. "Ein Rückzieher der Kirche würde das Vertrauen, das sie gerade zurückgewinnt, zerstören", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dem Bonner "General-Anzeiger". Es müsse nun schnell ein "neuer Weg" für die rückhaltlose Aufklärung gefunden werden, forderte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, in der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Zugleich warnte Künast die Bischöfe vor einem Aufklärungsstopp und davor, den Schutz ihrer Institution über den berechtigten Anspruch der Betroffenen auf Aufarbeitung, Opferschutz und Prävention zu stellen: "Die versprochene schonungslose Aufklärung kann es nur geben, wenn sie in der Hand unabhängiger Forscher liegt."
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, hofft ebenfalls auf eine schnelle Fortsetzung der wissenschaftlichen Studie. "Ich erwarte mir, dass die Bischofskonferenz bei ihrer nächsten Zusammenkunft, die in etwa 14 Tagen sein wird, deutlich sagt, wir werden eine solche Untersuchung in Auftrag geben", sagte Glück am Donnerstag dem SWR. Wichtig sei es, weiter zu forschen, "wie weit es möglicherweise bestimmte grundsätzliche Strukturen, Merkmale, Verhaltensmuster gibt, die man kennen muss, um in der Prävention richtig voranzukommen".
Das Scheitern der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer bezeichnete Glück als "außerordentlich schädlichen Vorgang". Eine Gefahr der Vertuschung und des Verschweigens sieht er jedoch nicht: "Der öffentliche Druck, der jetzt durch diesen Vorgang entsteht, zwingt gerade dazu, mit Offenheit weiter in einem kirchlichen Gespräch die Dinge zu erörtern."
"Es geht nicht um Zensur"
Bischof Ackermann zum Forschungsprojekt über MissbrauchWürzburger Wissenschaftler pro Bischöfe
Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wirft der katholischen Kirche hingegen fehlenden Aufklärungswillen beim Missbrauchsskandal vor. "Ich habe den Verdacht, dass starke Kräfte in der katholischen Kirche jetzt nach der Methode Vergessen-und-Vergeben arbeiten", sagte Hilgers der "Saarbrücker Zeitung".
Zugleich kritisierte Hilgers auch die Bundesregierung. Ihr wirft er Versäumnisse bei der Umsetzung der Vorschläge des Runden Tisches vor, der 2010 als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche eingerichtet worden war. Als Beispiel nannte er die verabredeten Forschungsaufträge zur Wirksamkeit von Therapien für die Opfer.
Unterstützung bekamen die Bischöfe vom Würzburger Professor für Kriminologie, Klaus Laubenthal. Pfeiffers Vorgehen zeige methodische Mängel. So sei die Frage des Opferschutzes nicht zufriedenstellend gelöst, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur. Insbesondere kritisierte er das Vorhaben, die allein aus Akten hervorgehenden Missbrauchsopfer anzuschreiben. Damit wären sie ungefragt erneut mit den zum Teil Jahrzehnte zurückliegenden Ereignissen konfrontiert worden.
Auch nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Pfeiffer soll die wissenschaftliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle weitergehen. Die Bischöfe sicherten zu, einen neuen Partner zu suchen. "Wir haben ein hohes Interesse an unabhängiger wissenschaftlicher Forschung zu dem Thema", sagte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann.