Mädchen verschwand vor 36 Jahren

Fall Orlandi: Neue Spur führt auf deutschen Friedhof am Vatikan

Veröffentlicht am 04.03.2019 um 11:35 Uhr – Lesedauer: 

Mailand ‐ 1983 verschwand die 15-jährige Vatikanbürgerin Emmanuela Orlandi spurlos. Im vergangenen Herbst gefundene Knochen konnten dem Mädchen nicht zugeordnet werden. Doch jetzt gibt es eine neue Spur: Liegen die Gebeine auf dem Campo Santo Teutonico?

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Die Angehörigen von Emanuela Orlandi vermuten die sterblichen Überreste der 1983 im Alter von 15 Jahren verschwundenen Tochter eines Vatikanangestellten mittlerweile auf dem deutschen Friedhof am Vatikan. Die Anwältin der Familie forderte der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Online-Ausgabe) vom Montag zufolge die Öffnung eines Grabes der Adelsfamilie der Hohenlohe auf dem Areal.

In einem Brief habe die Anwältin Laura Sgrò ein Bild des Engels über dem Hohenlohe-Grab mit dem Hinweis erhalten, in der Richtung zu suchen, in die der Engel weist, berichtet die Zeitung. Nach Recherchen der Juristin sei das Grab aus dem 19. Jahrhundert zwischenzeitlich mindestens einmal geöffnet worden. Überdies würden zum Andenken an das verschwundene Mädchen Blumen auf dem Grab abgelegt. Um jeden Zweifel auszuschließen, habe die Anwältin sich nun an den vatikanischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und an die Staatsanwaltschaft des Heiligen Stuhls gewandt, um Einsicht in sämtliche das Grab betreffenden Akten sowie dessen Öffnung zu erwirken.

Viele Gerüchte und Vermutungen

Orlandi war am 22. Juni 1983 vom Musikunterricht nahe der Piazza Navona nicht nach Hause gekommen. Seither gibt es keine Spur mehr von ihr. Um den Fall ranken sich viele Gerüchte und Vermutungen. So wurde unter anderem vermutet, dass durch die Entführung Orlandis der Papstattentäter Ali Agca freigepresst werden sollte. 2012 hieß es, die Gebeine befänden sich im Grab eines Mafiabosses; die Vermutungen erwiesen sich als falsch. Später sollten neue Dokumente beweisen, dass der Vatikan selber Orlandi entführt habe. Einer gängigen Vermutung zufolge wurde das Mädchen nach kurzer Geiselhaft ermordet und der Leichnam auf einer Baustelle südlich von Rom einbetoniert.

Zuletzt wurden die sterblichen Überreste von Emanuela Orlandi unter dem Boden der Vatikanbotschaft in Rom vermutet, als dort im vergangenen Herbst bei Bauarbeiten Knochen entdeckt worden waren. Eine DNA-Untersuchung ergab jedoch, dass diese von einem Mann und aus der Zeit der Antike stammten, etwa zwischen 90 und 230 nach Christus.

Der im 8. Jahrhundert am Vatikan gegründete Campo Santo Teutonico umfasst neben dem Gräberfeld ein Priesterkolleg, eine Erzbruderschaft und mit dem römischen Institut der Görres-Gesellschaft eine Forschungseinrichtung. Auf dem Friedhof liegen Persönlichkeiten aus dem deutschsprachigen Raum wie der katholische Schriftsteller Stefan Andres (1906-1970) begraben. (tmg/epd/KNA)