Erzbischof ruft Orthodoxe in Deutschland zur Zusammenarbeit auf
Die Russische Orthodoxe Kirche will ein weiteres Zerbrechen der orthodoxen Zusammenarbeit in Deutschland verhindern. Der Streit um die Abspaltung der ukrainisch-orthodoxen Kirche von Moskau Anfang des Jahres hatte dazu geführt, dass die russisch-orthodoxen Bischöfe nicht mehr an Versammlungen der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland teilnehmen konnten. Der Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, Erzbischof Tichon, rief am Mittwoch in Berlin dazu auf, die Zusammenarbeit fortzusetzen.
Zwar könne man einerseits wegen der Vorgänge in der Ukraine derzeit nicht an Sitzungen teilnehmen, die unter dem Vorsitz von Geistlichen des Patriarchats von Konstantinopel stattfinden, sagte Tichon. Andererseits aber dürfe die gesamtorthodoxe Zusammenarbeit nicht aufhören, "da wir seit fast 25 Jahren dank der brüderlichen Gemeinschaft und Zusammenarbeit der Bischöfe und Geistlichen der orthodoxen Diözesen in Deutschland viel erreichen konnten".
Eigens genannt wurden die Bereiche schulische Bildung, Religionsunterricht, Sozialdienst, Jugend-, Öffentlichkeits- und Medienarbeit sowie das Feld der Ökumene. Um all dies nicht zu gefährden, rief Erzbischof Tichon die "lieben Mitbrüder im Bischofsamt" eindringlich dazu auf, "alles in unserer Macht Stehende zu tun, um nicht nur das Erreichte nicht zu verlieren, sondern das weiter zu mehren, was im Laufe der Jahrzehnte aufgebaut wurde". Tichon ist Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Feofan und steht seit Ende 2017 der Berliner Diözese des Moskauer Patriarchats vor.
So soll die aktive Mitarbeit ermöglicht werden
Der Erzbischof schlug vor, "die Frage einer regelmäßigen Rotation bzw. der freien Wahl des Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland unter allen ihren Teilnehmern zu prüfen". Dies ermögliche dann wieder allen orthodoxen Bischöfen in Deutschland die aktive Mitarbeit in der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland. Ein "Monopol der Hierarchie des Patriarchats von Konstantinopel" entspreche "nicht mehr den Anforderungen und wahren Bedürfnissen der Kirche in der modernen Welt, wie sie sich in dieser Zeit und vor allem im vergangenen Jahr entwickelt haben".
Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., hatte Anfang Januar der neuen orthodoxen Kirche der Ukraine die vollständige Eigenständigkeit zuerkannt. Bartholomäus hat traditionell den Ehrenvorsitz für die weltweit rund 300 Millionen orthodoxen Christen inne. Dieser Ehrenvorsitz wird aber vom Moskauer Patriarchat infrage gestellt. Aus Sicht der russisch-orthodoxen Kirche verstößt deren Gründung gegen das Kirchenrecht, weil es in einem bestimmten Land nur eine orthodoxe Kirche geben kann und in der Ukraine eine solche bereits existiert - unter Moskauer Patriarchat. Die russisch-orthodoxe Kirche hatte in der Folge die eucharistische Gemeinschaft mit den anderen orthodoxen Kirchen aufgelöst.
Zuletzt kam es aufgrund der Spaltung der orthodoxen Kirche auch in der Ukraine wieder zu Sannungen. So wurde der Erzbischof der ukrainisch-orthodoxen Kirche auf der Krim, Kliment, Anfang März festgenommen. Nach Angaben der ukrainisch-orthodoxen Kirche habe er nach Russland reisen wollen, um an einem Prozess gegen einen politischen Gefangenen teilzunehmen. Die Behörden hätten Kliment ohne Angaben von Gründen auf der von Russland annektierten Halbinsel festgenommen. (cst/epd)