Nach mehrjährigem Streit

Altkanzler Schröder darf Marktkirche "Reformationsfenster" schenken

Veröffentlicht am 21.03.2019 um 11:35 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Altkanzler Gerhard Schröder will der Marktkirche in Hannover schon lange ein Kirchenfenster schenken. Doch ein Streit um fünf Fliegen verhinderte das bisher. Nun hat der Kirchenvorstand eine Entscheidung getroffen.

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Das von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) angeregte "Reformationsfenster" für die Marktkirche in Hannover soll nach einem Beschluss des Kirchenvorstandes trotz Kritik an dem Projekt angefertigt werden. Das Gremium entschied am Mittwoch, das Fenster nach einem Entwurf des Künstlers Markus Lüpertz in Auftrag zu geben. "Der Kirchenvorstand trifft diese Entscheidung nach mehrjähriger intensiver Debatte, die für ein Jahrhundert-Projekt wie das Reformationsfenster auch notwendig gewesen ist", sagte Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann.

"Wir haben uns eingehend mit den zustimmenden und ablehnenden Positionen beschäftigt", sagte die evangelische Pastorin. Der Kirchenvorstandsvorsitzende Reinhard Scheibe bekräftigte: "Unserer Auffassung nach hat eine Kirchengemeinde das Recht, über die Gestaltung ihres Kirchenraumes zu entscheiden und ihren Gestaltungswillen durchzusetzen. Eine Kirche dient der Religionsausübung und ist kein Museum."

Der Erbe des Architekten Dieter Oesterlen (1911-1994), Georg Bissen, hatte Widerspruch gegen das 13 Meter hohe Buntglasfenster angemeldet, das Schröder (74) der evangelischen Kirche schenken will. Bissen hält das geplante Fenster für nicht vereinbar mit dem architektonischen Konzept seines Stiefvaters. Der in Tokio lebende Rechtsanwalt verwaltet die Urheberrechte an der Neugestaltung der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg durch Oesterlen

Bild: ©DPA/Tim Brakemeier

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) will als Ehrenbürger der Stadt Hannover der Marktkirche das "Reformationsfenster" stiften.

Der Entwurf von Markus Lüpertz, einem Freund Schröders, setzt sich in zahlreichen Symbolen mit dem Leben und Werk des Reformators Martin Luther (1483-1546) auseinander. Luther erscheint als große weiße Gestalt. Für kontroverse Diskussionen hatten vor allem die fünf riesigen Fliegen als Symbole des Bösen und der Vergänglichkeit gesorgt. Außerdem erregte die Darstellung eines skelettartigen Teufels direkt hinter der Figur Luthers Ärger.

Altkanzler Schröder hatte angekündigt, er wolle der Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover das Fenster schenken. Allein die Kosten für Material, Herstellung und Einbau werden auf rund 150.000 Euro geschätzt. Zur Finanzierung will Schröder Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben. Nach dem Beschluss müsse die Marktkirche nun in Abstimmung mit der landeskirchlichen Aufsicht und dem Denkmalschutz den Auftrag zur Anfertigung des Reformationsfensters vertraglich ausarbeiten, hieß es.

Der 1941 geborene Markus Lüpertz gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern Deutschlands. Von 1988 bis 2008 war er Rektor der renommierten Kunstakademie Düsseldorf. Er arbeitet hauptsächlich in Malerei und Bildhauerei, scheut aber nicht vor anderen Feldern, wie der Jazz-Musik oder Glasmalerei, zurück. Lüpertz konvertierte zum Katholizismus und bezeichnet sich selbst als "bibelfest". Der exzentrische Künstler wird in den Medien gern als "moderner Malerfürst" bezeichnet. (cst/epd)