Regisseur der Oberammergauer Festspiele im Interview

Intendant Stückl: "Leute sind heute sehr weit von Religion weg"

Veröffentlicht am 30.03.2019 um 11:21 Uhr – Lesedauer: 
Soldaten setzen dem zum Kreuzestod verurteilten Jesus eine Dornenkrone auf den Kopf
Bild: © KNA

Frankfurt am Main ‐ Auch er selbst habe sich Jesus erst mal wieder "freischaufeln" müssen, sagt der Regisseur der Oberammergauer Festspiele, Christian Stückl. Damit seinen Darstellern das auch gelingt, unternimmt er mit ihnen eine ungewöhnliche Reise.

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Die Menschen sind heute nach Auffassung des Spielleiters der Oberammergauer Passionsspiele und derzeitigen Intendanten des Münchner Volkstheaters, Christian Stückl, von Religion sehr weit weg. Deshalb fahre er etwa mit seinen Darstellern nach Israel, rede mit ihnen über Jesus und gehe dessen Wege ab. "Da entsteht etwas", sagte der 57-Jährige dem evangelischen Monatsmagazin "chrismon" (April-Ausgabe): "Wenn jemand anfängt, wieder über Jesus, über Religion zu reden, dann ist das viel."

Er selbst habe sich Jesus erst mal "freischaufeln" müssen und dabei einen jungen Mann entdeckt, der konsequent seinen Weg gehe. "Ich versuche, den Heiligenschein um Jesus wegzulassen und ihn verstehbar zu machen", sagte Stückl.

Menschen sollen sich hinterfragen

In seinen Werken sei es ihm außerdem wichtig, anzuregen, sagte Stückl. Er versuche, "dass Spieler und Zuschauer ihre Haltungen hinterfragen". Dass er Menschen besser mache oder verändern könne, glaube er jedoch nicht. "Mit einem Theaterabend biegen wir keinen Horst Seehofer um."

Die Oberammergauer Passionsspiele finden 2020 das nächste Mal statt. Sie gehen auf ein Pestgelübde zurück. 1633 gelobten die Oberammergauer, alle zehn Jahre die Geschichte der letzten Tage im Leben Christi aufzuführen, wenn niemand mehr an der Pest sterbe. Regisseur Stückl inszeniert die Passion im kommenden Jahr bereits zum vierten Mal (gho/epd).