"Eine konsequente Entwicklung"
Frage: Frau Klaiber, aus ihrer Sicht als Theologiestudentin: Steht der katholischen Kirche nach den Vorschlägen von Kardinal Kasper eine Revolution ins Haus?
Klaiber: Das Wort Revolution ist zu weitgreifend, umwälzend und vor allem zu gewaltsam aufgeladen, als dass es auf die momentane Bewegung in der deutschen katholischen Kirche zutrifft. Vielmehr ist der Vorschlag von Kardinal Kasper eine logische und konsequente Entwicklung aus der alltäglichen Praxiserfahrung an der Basis, den ich sehr begrüße. Meine eigenen Erfahrungen im Theologiestudium, im Austausch mit anderen Kommilitoninnen, der Wahrnehmung in meiner Heimatgemeinde zeigen in eine weiblich-sensibilisierte Richtung, der sich die katholische Kirche nicht verwehren darf. Nicht umsonst wird kirchenrechtlich an prominenter Stelle formuliert, dass es eine fundamentale Gleichheit aller Christgläubigen gibt. So wie Kardinal Lehmann es anhand des Schöpfungsberichtes in seiner Predigt geschildert hat: Auch die Frauen sind „ein ursprünglicher Schöpfungsgedanke Gottes“ und als gleichwürdige Partnerin dem Manne zur Seite gestellt worden. Wieso sollte diese göttliche Idee dann nicht auch in der weltlichen Ausprägung des Gottesreiches vollständig verwirklicht werden können?
Zur Person
Judith Klaiber (24) studiert katholische Theologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) arbeitet sie im Projektreferat der BDJK-Bundesstelle.Frage: Warum entscheidet man sich als Frau überhaupt für ein Theologiestudium, wenn man am Ende doch nicht alle Möglichkeiten des Fachs beruflich ausschöpfen kann?
Klaiber: Ich wollte Religionslehrerin werden, doch von Semester zu Semester habe ich immer mehr Gefallen daran gefunden, mehr zu wissen – insbesondere der fundamentaltheologische Leitgedanke "immer Rechenschaft vom Grund meiner Hoffnung" ablegen zu können, so wie es im ersten Petrusbrief steht, hat es mir angetan. Darum habe ich in den Diplomstudiengang gewechselt. Das ermöglicht mir als Frau zumindest nach einer weiteren dreijährigen Ausbildung Pastoralreferentin zu werden.
Frage: Brauchen Frauen überhaupt mehr Rechte in der Kirche?
Klaiber: Ich glaube, dass mit einer besseren Mitwirkungsmöglichkeit, zum Beispiel bei Synoden, die weibliche Perspektive mehr in den Fokus rücken könnte. Auch mit dem familiären Blickwinkel, welcher den kirchlichen Amtsträgern verwehrt bleibt, kann ein neuer Aufbruch gewagt werden. Besonders die Frauen, die genau die gleiche universitäre, wissenschaftliche Ausbildung genossen haben wie ihre männlichen Kollegen, sollten hierbei berücksichtigt und gestärkt werden.
Frage: Würden Sie sich zur Diakonin weihen lassen?
Klaiber: Definitiv ja! Ich würde mir aber gleichsam sehr wünschen, dass es ähnlich der Struktur im ständigen Diakonat auch die Möglichkeit gibt, Familie als Frau „hautnah“ erleben zu dürfen. Pastoral-seelsorglich gesehen wäre das sicher eine große Bereicherung, wenn man selbst Erfahrungen als Ehefrau und Mutter sammeln darf.
Das Interview führte Christoph Meurer