Generalkapitel der Brüder vom Heiligen Johannes

Wegen Missbrauch: Französischer Orden distanziert sich von Gründer

Veröffentlicht am 16.05.2019 um 13:05 Uhr – Lesedauer: 

Paris ‐ In der Arte-Dokumentation "Gottes missbrauchte Dienerinnen" spielt er eine zentrale Rolle: Jetzt haben sich die Brüder vom Heiligen Johannes von ihrem Gründer Marie-Dominique Philippe distanziert – allerdings nicht vollständig.

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Die Brüder vom Heiligen Johannes in Frankreich haben sich während eines Generalkapitels mit Missbrauchsfällen in ihrem Orden sowie der Beziehung zu ihrem Gründer Marie-Dominique Philippe auseinandergesetzt. "Es war ein Schock, aber auch eine Zeit der Befreiung, Erleichterung, dass die Dinge gesagt und aufgeschrieben wurden", sagte der Generalprior Francois-Xavier Cazali der französischen Zeitung "La Croix" (Mittwoch).

Bei dem Generalkapitel war ein Missbrauchsbericht vorgestellt worden. eine Missbrauchskommission erhielt demnach 32 Beschwerden zu Taten an Erwachsenen, 86 Prozent bezogen sich auf Fälle vor 2013. "Wir waren getroffen vom Ausmaß des Phänomens und den spezifischen Aspekten", so Cazali. 80 Prozent der Missbrauchsfälle hätten im Rahmen einer geistlichen Begleitung stattgefunden.

"Was uns getroffen hat, sind die theologischen Rechtfertigungen, die die Täter konstruiert haben und manchmal auch an andere weitergaben", so Cazali. Manchmal habe die Beziehung zwischen dem Geistlichen und dem zu Begleitenden einer Freundschaft geglichen. Es sei das Bild geschaffen worden, dass eine innige Freundschaft auch Liebesgefühle impliziere. "Das war einer der problematischen Punkte in der Lehre von Pater Marie-Dominique Philippe", so der Generalprior.

Gründer "mitverantwortlich" für Missbrauchsfälle

Cazali sieht den Gründer des Ordens mit in der Verantwortung für die Missbrauchsfälle. "Tatsächlich gehen die Einflusslinien auf ihn zurück." Damit könne Philippe nicht als Vorbild für das christliche Leben gelten, so Cazali. Welchen Platz er in Zukunft in der Gemeinschaft haben solle, werde noch diskutiert. Historisch sei unbestreitbar, dass er die Wurzel der Gemeinschaft sei. "Das Charisma einer Gemeinschaft darf jedoch nicht mit dem Leben des Gründers verwechselt werden", sagte der Geistliche.

In der vieldiskutierten und inzwischen gesperrten Arte-Dokumentation "Gottes missbrauchte Dienerinnen" spielt Philippe eine zentrale Rolle. Ihm wird darin vorgeworfen, selbst über mehrere Jahre Ordensfrauen missbraucht zu haben.

Bei einem Generalkapitel im Oktober solle geklärt werden, inwiefern die Lehre von Philippe noch für die Ausbildung im Orden genutzt werden soll, so Cazali. Zudem wolle die Gemeinschaft über finanzielle Entschädigungen für die Opfer sowie eine Messe beraten, in der um Entschuldigung gebeten werden solle. Gegen mehrere Brüder der Gemeinschaft wurden zivile Strafverfahren angestrengt. Zudem laufen etliche kanonische Verfahren in Rom.

Der 1975 gegründeten und 1986 kirchenrechtlich anerkannten Gemeinschaft vom Heiligen Johannes wurde auch vorgeworfen, moralischen Druck auf Mitglieder ausgeübt zu haben. So sei Mitgliedern etwa der Kontakt zu ihren Eltern untersagt worden. Einige Zeit nach dem Tod des Gründers 2006 spaltete sich eine Schwesterngemeinschaft ab, die die neue, vom verantwortlichen Bischof ernannte Leitung ablehnte. Diese Splittergruppe der "Congregation Saint Jean" löste Papst Benedikt XVI. im Januar 2013 auf. Die Gemeinschaft der Brüder vom Heiligen Johannes blieb jedoch bestehen. (tmg/KNA)