Vor 20 Jahren geweiht

Bischof Felix Genn: "Der Glaube kommt auf zwei Beinen"

Veröffentlicht am 30.05.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Im Wortsinn "glaubwürdig" sein, das ist die Maxime von Münsters Bischof Felix Genn. Sie versuchte er schon direkt nach seiner Weihe als Weihbischof in Trier umzusetzen. Auch als Bischof von Essen und jetzt in Münster bleibt er ihr treu. Offenbar ein Erfolgsrezept: Denn Genns Rat ist auch in Bischofskonferenz und Vatikan gefragt.

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Wollte man Felix Genn mit nur einem einzigen Satz charakterisieren, könnte man gut auf einen von ihm selbst gern genutzten Ausspruch verweisen: "Der Glaube kommt auf zwei Beinen". Dieser Satz sagt viel aus über den 69-jährigen Bischof von Münster, der als frommer, aber nicht weltabgewandter Hirte gilt, der nicht von oben herab predigt, sondern den Menschen auf Augenhöhe begegnet.

"Der Glaube kommt auf zwei Beinen" – das heißt für Genn ganz konkret, einladend auf Menschen zuzugehen, sie auf Gott neugierig zu machen und ihn in ihrem Leben sichtbar werden zu lassen. Damit dies glaubwürdig geschehen kann, müssen Glauben und Leben nach Überzeugung des Bischofs miteinander verbunden sein: "Die Menschen müssen spüren: Da ist ein Bischof, da ist ein Priester, da ist ein Christ, der lebt, was er sagt." Seit seiner Bischofsweihe vor 20 Jahren, am 30. Mai 1999, versucht Genn diesem Vorsatz in herausgehobener Position gerecht zu werden.

Von Glaube und Heimat geprägt

Genn wurde am 6. März 1950 in Burgbrohl im rheinland-pfälzischen Landkreis Ahrweiler geboren und wuchs in der kleinen Gemeinde Wassenach am Laacher See auf. Die bäuerliche Prägung der Eifel und die tiefe Verwurzelung des christlichen Glaubens in seiner Heimat – besonders sichtbar durch die nahe gelegene bekannte Benediktinerabtei Maria Laach – haben ihn schon früh geprägt.

Bild: ©Fotolia.com/Elena Kharichkina

Felix Genn wuchs in der Nähe der Benediktinerabtei Maria Laach in der Eifel auf.

Nach dem Abitur am Kurfürst-Salentin-Gymnasium in Andernach trat Genn 1969 in das Trierer Priesterseminar ein und studierte bis 1974 in Trier und Regensburg Katholische Theologie. Am 11. Juli 1976 wurde er vom damaligen Trierer Bischof Bernhard Stein zum Priester geweiht, seine erste Stelle trat er anschließend als Kaplan in Bad Kreuznach an. Zwei Jahre später, im Alter von nur 28 Jahren, wurde Genn Subregens am Bischöflichen Priesterseminar in Trier. Nach seiner Promotion – der Titel der Arbeit lautete "Das Verständnis des kirchlichen Amtes in seiner Beziehung zur Trinitätstheologie bei Augustinus" – wurde er 1985 Spiritual und war damit für die geistliche Begleitung und Ausbildung der Priesteramtskandidaten zuständig. Diese Tätigkeit hat ihn ebenfalls entscheidend geprägt.

Ab 1994 war Genn dann als ständiger Lehrbeauftragter für Christliche Spiritualität an der Theologischen Fakultät Trier tätig. Parallel wurde er von Bischof Hermann Josef Spital als Wallfahrtsleiter für die Vorbereitung und Durchführung der Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 berufen. Ein Jahr später erfolgte seine Ernennung zum Regens am Studienhaus St. Lambert in Burg Lantershofen, einem Seminar für spätberufene Priesteramtskandidaten.

Vielbeachtete Reform im Bistum Essen

Der Eintritt in den Kreis der Bischöfe folgte 1999: Am 16. April ernannte ihn Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zum Weihbischof im Bistum Trier, die Bischofsweihe spendete ihm am 30. Mai Bischof Hermann Josef Spital. Zu seinem bischöflichen Wahlspruch wählte Genn sich ein Wort aus dem ersten Brief des Apostels Johannes: "Annuntiamus vobis vitam" – "Wir verkünden euch das Leben". Nach seiner Weihe war der damals 49-Jährige in Deutschlands ältestem Bistum insbesondere für den Visitationsbezirk Saar zuständig, der weite Teile des Saarlandes umfasst.

Nur vier Jahre später folgte bereits der nächste Karriereschritt: Ebenfalls von Johannes Paul II. wurde Genn am 4. April 2003 zum Bischof von Essen ernannt, die Amtseinführung erfolgte am 6. Juli. Schnell machte er sich im Ruhrbistum an eine umfassende Bistumsreform, deren Art und Umfang bundesweit Aufmerksamkeit erregte. Dass er sich mit der Zusammenlegung von 250 Gemeinden zu rund 40 Großverbünden und der Schließung von fast 100 Kirchen nicht überall beliebt machen konnte, nahm er in Kauf. Wichtiger war ihm, dass Bistum Essen trotz sinkender Katholikenzahlen und Kirchensteuereinnahmen zukunftssicher zu machen.

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Video: © S. Gamradt und S. Schortemeyer

Für die katholisch.de-Serie "Freundebuch" hat uns Felix Genn einen Einblick in sein Leben gewährt.

Von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) wurde Genn schließlich nach gut fünf Jahren in Essen am 19. Dezember 2008 zum Bischof von Münster ernannt, die Amtseinführung fand am 29. März 2009 statt. Damit steht Genn seit mittlerweile zehn Jahren dem gemessen an der Zahl der Katholiken – derzeit leben in der Diözese noch mehr als 1,8 Millionen – zweigrößten deutschen Bistum vor. Längst ist der Mann aus der Eifel ganz in Münster angekommen. Er fühlt sich wohl in der westfälischen Universitätsstadt, auch wenn er, was für Münster höchst unüblich ist, kein Fahrrad fährt.

Mitglied in der mächtigen Bischofskongregation

In seinem Bistum, das vom nördlichen Rand des Ruhrgebiets bis zur Nordseeinsel Wangerooge reicht, engagiert sich Genn unter anderem stark für junge Menschen sowie für sozial Benachteiligte. Um das Wesensmerkmal der dienenden Kirche zu unterstreichen, besucht er jedes Jahr rund ein Dutzend soziale Einrichtungen. Wenn er sich – was im Vergleich zu manchem Mitbruder eher selten der Fall ist – in den Medien zu Wort meldet, äußert er sich oft pointiert zu ethischen und sozialen Themen sowie zu Fragen des christlichen Glaubens und der kirchlichen Lehre.

In der Bischofskonferenz ist Genn seit 2008 Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste, die sich vorrangig den hauptberuflichen pastoralen Mitarbeitern der Kirche, ihrer Aus- und Weiterbildung sowie ihren unterschiedlichen Einsatzorten, Funktionen und Aufgabenprofilen widmet. Eine wichtige Rolle hat Genn zudem im Vatikan inne: Als Mitglied der mächtigen Kongregation für die Bischöfe ist er seit 2013 mitverantwortlich für die Ernennung von Bischöfen in der ganzen Welt. Seine Berufung in das Gremium durch Papst Franziskus wurde als besonderer Vertrauensbeweis gedeutet.

Von Steffen Zimmermann