Bericht: Systematischer Kindesmissbrauch bei schottischen Ordensfrauen

Schottische Schwestern haben über Jahrzehnte systematisch Kinder missbraucht. Zu diesem Ergebnis kommt eine offizielle Untersuchung, über deren noch unveröffentlichten Bericht der "Guardian" am Donnerstag schreibt. Demnach wurden in vier Einrichtungen der "Schwestern von Nazareth" zwischen 1933 und 1984 tausende Kinder körperlich und psychisch misshandelt. Laut der Richterin Lady Anne Smith, die die Untersuchung durchführte, waren die Häuser "Orte der Angst, Feindseligkeit und Verwirrung". Die Kinder seien der Würde, Barmherzigkeit und Sorge beraubt worden, auf die sie ein Recht hatten. "In manchen Fällen erreichte der Missbrauch eine Ebene der äußersten Verderbtheit", so Lady Smith.
Der 140-seitige Bericht listet unter anderem sexuellen Missbrauch von Mädchen und Jungen auf, eine Schwester förderte sogar den Missbrauch eines Mädchens durch mehrere Männer, unter anderem auch Priester. Des Weiteren wurden Kinder regelmäßig mit Gürteln, Stöcken, Besen, Bürsten und Kreuzen geschlagen. Bettnässer mussten kalte Bäder nehmen und ihre verschmutzten Nachthemden tragen. Manche Kinder wurden zwangsernährt, selbst wenn sie sich übergeben mussten.
Hoher Wert strikter Regeln
Im Regelwerk der 1827 gegründeten "Schwestern von Nazareth" aus dem Jahr 1921 heißt es, die zentralen Werte des Ordens seien "Geduld, Gastfreundschaft, Liebe, Respekt, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit". Lady Smith beschreibt im Orden jedoch eine Kultur der Gewalt, des Gehorsams, der Intoleranz und des Missbrauchs. Den Grund dafür sieht sie im hohen Wert, dem der Orden dem strikten Gehorsam seiner Mitglieder und der ihm anvertrauten Kinder beimaß. So durften Kinder nur auf dem Rücken schlafen, die Hände auf der Brust gefaltet. Die Schwestern lernten die Missbrauchspraktiken von den älteren Ordensmitgliedern und durften diese nicht hinterfragen. Außerdem wechselten sie häufig die Einrichtung, in der sie arbeiteten.
Der Orden entschuldigte sich für die Vorfälle. "Der Bericht zeigt das Leiden und den Missbrauch, den manche Kinder in unseren Häusern ertragen haben. Das beschämt uns tief", so die Schwestern in einer Stellungnahme. "Wir entschuldigen uns von ganzem Herzen und rückhaltlos bei denen, die in irgendeiner Form Misshandlung erfahren haben."
Lady Smith ist seit 2017 einziges Mitglied der von der Regierung eingesetzten "Schottischen Kindesmissbrauchsuntersuchung". Bereits im vergangenen Oktober untersuchte sie Missbrauchsfälle bei einem anderen Orden, den "Töchtern der Nächstenliebe vom heiligen Vinzenz von Paul", bei dem ebenfalls Missbrauchsfälle aufgedeckt wurden. Dabei wurde ein Massengrab gefunden, in dem auch an Unterernährung gestorbene Kinder verscharrt wurden. (cph)