Bistum Münster wegen "Totus Tuus" in der Kritik

Aussteiger werfen katholischer Gemeinschaft geistlichen Missbrauch vor

Veröffentlicht am 31.05.2019 um 15:17 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg/Münster ‐ Sektenartige Strukturen, geistlicher Missbrauch: Die Vorwürfe gegen die Gemeinschaft "Totus Tuus" wiegen schwer. Das Bistum Münster führt seit geraumer Zeit eine Untersuchung zu der Gruppe durch – steht aber nun selbst in der Kritik.

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Ehemalige Mitglieder der katholischen Gemeinschaft "Totus Tuus" werfen der Gruppe sektenartige Strukturen und geistlichen Missbrauch vor. Schon als Jugendliche seien sie von ihren Familien isoliert und psychisch unter Druck gesetzt worden, sagten sie der in Freiburg erscheinenden "Herder Korrespondenz" (Juni). Die rund 100 Mitglieder umfassende Gruppe wurde laut Bericht 1994 von dem Herner Lastwagenfahrer Leon Dolenec gegründet. Sie sei bundesweit in katholischen Pfarreien zu Gast und gestalte etwa Gebetsabende. Derzeit strebe die Gemeinschaft den Kauf eines eigenen Klosters in Düsseldorf an.

Das Bistum Münster, wo "Totus Tuus" (Ganz Dein) als kirchliche Gruppe anerkannt ist, untersucht seit 2017 die Vorwürfe im Rahmen einer bischöflichen Visitation. Ehemalige Mitglieder beklagen laut "Herder Korrespondenz", die Aufarbeitung werde vom Bistum verschleppt und nicht von unabhängigen Personen durchgeführt. Zudem sei der als Visitator eingesetzte stellvertretende Generalvikar Jochen Reidegeld befangen; er sei "Geistlicher Beirat" von "Totus Tuus" und kooperiere mit der Gemeinschaft.

Diözese weist Vorwürfe zurück

Das Bistum Münster weist diese Vorwürfe zurück. Reidegeld sei nicht "Geistlicher Beirat" von "Totus Tuus", betonte Sprecher Stephan Kronenburg auf Nachfrage. Er habe keine besondere Verbindung zu der Gemeinschaft, die zu einer Befangenheit führen könne, heißt es weiter in einer Stellungnahme. Zudem gebe es neben Reidegeld mit Schwester Birgitte Herrmann eine zweite gleichberechtigte Visitatorin.

Die Vorwürfe gegen die Gemeinschaft nimmt das Bistum nach eigenen Angaben ernst, die Visitatoren seien ihnen gründlich nachgegangen. Im Zuge der Visitation, die voraussichtlich im kommenden Jahr abgeschlossen werde, werde nun geprüft, ob die Gemeinschaft sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen wolle. Das Bistum erkenne "Ansatzpunkte" für eine solche Bereitschaft.

Weiter bestätigte das Bistum Münster in seiner Stellungnahme, dass Weihbischof Christoph Hegge als früherer geistlicher Beirat von "Totus Tuus" bereits im Vorfeld der Visitation Kritik an der Gruppe geäußert hatte. In einer internen Mail schrieb er 2017 von "Leistungsdruck", "Redeverboten" und dem Einfordern von "blindem Gehorsam". Die Mitglieder, so Hegge, fühlten sich "in ihrer freien Entwicklung beeinträchtigt, insbesondere im Bereich Sexualität, Ehe und Berufung". Laut Bistum Münster stellen die Aussagen aber "einen Ausschnitt dar und enthalten nicht weitere Einschätzungen, die es etwa nach Anhörung der Verantwortlichen und einem weiterem Gespräch mit den Beschwerdeführenden gegeben hat". (KNA)