Notre-Dame-Architekt: Gewölbe könnte jederzeit einstürzen
Der Chef-Architekt der Pariser Kathedrale Notre-Dame, Philippe Villeneuve, hat den Vierungsturm des Kölner Doms als "Warze" bezeichnet. "Für mich müssen wir nicht nur den Vierungsturm neu machen, sondern er muss identisch sein, damit er nicht datierbar ist", sagte Villeneuve der französischen Zeitung "Le Figaro" (Dienstag) mit Blick auf notwendige Neuerungen für Notre-Dame. Man müsse nur den Kölner Dom betrachten. Dort sei der Vierungsturm aus dem Jahr 1950 eine "Warze" an einem alten Gebäude. Er habe allerdings nicht darüber zu entscheiden, wie der neue Vierungsturm aussehen werde, so der Architekt. Die Regierung werde einen internationalen Wettbewerb ausschreiben.
Derzeit sichert Villeneuve das Gebäude mit seinem Team. "Bisher haben wir Glück gehabt, weil es stabil ist", so Villeneuve. Doch das Gewölbe könne kommende Woche einstürzen.
Bisher nichts zu den Ursachen bekannt
Zur Ursache des Brandes sagte Villeneuve, dass es keinen heißen Punkt auf der Baustelle gegeben habe. Bisher sei ihm nichts zu den Ursachen bekannt. "Ich werde niemals denen vergeben, die gesagt haben, ich hätte aus Anstand am Tag nach dem Brand zurücktreten sollen. Es ist Verleumdung", sagte er.
Auf die Frage, ob ein Wiederaufbau in wenigen Jahren möglich sei, sagte Villeneuve: "Wenn wir methodisch arbeiten und uns nicht in Zweifeln verlieren, ist es durchaus möglich, Notre-Dame in fünf Jahren wieder auf Vordermann zu bringen." Darüber hinaus werde der Rest der Kathedrale wie etwa die Sakristei weiterhin restauriert. Der Arbeitsplan, der vor dem Brand erstellt worden sei, hätte zehn Jahre umfassen sollen.
Villeneuve sagte zudem, mit der Pariser Kathedrale sei auch ein Teil von ihm zusammengebrochen. "Manchmal bin ich den Tränen nahe", so der Architekt. Sein ganzes Leben sei nur eine Art Vorbereitung gewesen, um eines Tages an der Kathedrale zu arbeiten. "Dieses Denkmal hat mich geprägt und prägt mich immer noch", so Villeneuve. Es sei der Grund, warum er Architekt geworden sei.
Am 15. April war ein Feuer im Dach des Chores der gotischen Kathedrale entdeckt worden. Rasch griffen die Flammen auf den gesamten Dachstuhl aus jahrhundertealten Holzbalken über. Über 400 Feuerwehrleute brachten den Brand nach Stunden unter Kontrolle. Sie verhinderten, dass die Flammen auch auf die beiden Westtürme übergriffen und das Gotteshaus einstürzte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, die Kirche in fünf Jahren wieder aufbauen zu wollen. (tmg/KNA)