Kilian: Der irische Wandermönch
St.-Kilians-Dom, Kilianiwallfahrt, Kilianivolksfest, Kilianimesse. In Würzburg kommt man am Namen Kilian nicht vorbei – die Verehrung für den Schutzpatron der Stadt ist groß. Jedes Jahr kommen während der sogenannten Kilianioktav zahlreiche Gläubige zusammen, um für acht Tage den heiligen Kilian zu feiern. Sein Gedenktag, der 8. Juli, gilt im Bistum Würzburg sogar als Hochfest. Was ist es, das die Menschen an diesem Mann so fasziniert und was hat er getan, dass er sowohl das kirchliche als auch das weltliche Leben der fränkischen Stadt bis heute beeinflusst?
Die Geschichte beginnt im Irland des siebten Jahrhunderts. Der Legende nach verlässt ein Wandermönch namens Killena um 686 sein Heimatdorf Mullagh und macht sich auf den Weg ins weit entfernte, germanische Franken. Er und seine beiden Begleiter, der Diakon Totnan und der Priester Kolonat haben sich ein besonderes Ziel gesetzt: Die drei Iren wollen nichts Geringeres als die heidnischen Germanen zum Christentum zu bekehren. Tatsächlich haben sie jahrelang großen Erfolg: Durch ihr Wissen im Ackerbau, der Holzwirtschaft und der Viehzucht gewinnen sie das Vertrauen der Franken und tragen so zu einem wachsenden Wohlstand und Zivilisierung bei. Immer mehr Menschen öffnen sich der christlichen Religion und lassen sich taufen. Zu Beginn des Missionswirkens erhält Killena seinen neuen Namen Kilian, der vom keltischen Wort "Ceallach" abgeleitet ist und "Der Kämpfer" bedeutet. Beeinflusst von der Klosterregel des Kolumban pilgert er 686 auch nach Rom und wird von Papst Konon zum Bischof geweiht.
Der fränkische Herzog Gosbert bekehrt sich
Die Begeisterung für den christlichen Glauben machte damals auch vor Adelskreisen nicht Halt. So bekehrte Kilian sogar den fränkischen Herzog Gosbert, der zu dieser Zeit in Würzburg regierte – inklusive dessen gesamter Familie. Gosbert ist als einer der ersten Christen in Franken bekannt und ließ sich vermutlich von Kilian taufen. Trotzdem bot seine Lebensführung dem Wanderbischof weiterhin Anlass zur Kritik: Denn Gosbert führte eine Beziehung mit Gailana, der Frau seines verstorbenen Bruders. In der germanisch-heidnischen Tradition durchaus legitim und üblich, war solch eine Verbindung im Christentum nicht vorgesehen. Auf Forderung von Kilian trennte sich Gosbert deshalb im Jahr 689 von Gailana.
Allerdings hatte Kilian nicht mit der Reaktion der verlassenen Frau gerechnet. Außer sich vor Wut, suchte sie eine Möglichkeit, den Bischof und seine beiden Begleiter zu beseitigen. Als Gosbert auf Kriegszug war, engagierte sie schließlich einen Auftragsmörder, der Kilian und seine beiden Gefährten nachts aufsuchte. In ihre Gebete versunken, wurden die drei Geistlichen vom Mörder überrascht, der versuchte, sie mit dem Schwert zu töten. Als Schutzschild hielten Kilian, Kolonat und Totnan die Bibel vor ihre Brust – wurden aber doch übermannt und erstochen. Um die Spuren zu verwischen, errichtete der Täter einen Pferdestall über den Tatort, den die Pferde allerdings mieden. Als Gosbert wieder zurückgekehrt war, beichtete ihm der Mörder seine Tat und beging Suizid. Auch Gailana, die dem Wahnsinn verfallen war, starb daraufhin.
Ist das die Macht der neuen Religion?
Die Macht der neuen Religion – dramatisch demonstriert durch die außergewöhnlichen Ereignisse, die nach dem Martyrium der drei Geistlichen geschehen waren – veranlasste die Menschen, die noch heidnischen Glaubens waren, sich zum Christentum zu bekennen und taufen zu lassen. Die Leichen von Kilian, Totnan und Kolonat – auf wundersame Weise unversehrt – sollen zusammen mit liturgischen Geräten und dem Evangelienbuch gefunden und ausgegraben worden sein. Burkhard, der von 741 bis 754 Bischof von Würzburg war, ließ die Gebeine schließlich am 8. Juli 752 erheben und in den Salvatordom bringen. Bei der Umlegung in den Vorgängerbau der heutigen Neumünsterkirche war auch die politische Prominenz in der Person Karls des Großen anwesend. Das wertvollste Heiligtum jedoch beherbergt in Würzburg der St.-Kilians-Dom: die Schädel aller drei Märtyrer. Von einem Schrein aus Elfenbein umgeben, schmücken sie den Hochaltar des Doms. Öffentlich werden sie den Gläubigen in der jährlichen Wallfahrtswoche bei einer Prozession gezeigt.
Kilian wird nicht allein in Würzburg verehrt, sondern in ganz Franken und auch im Erzbistum Paderborn. Als Schutzpatron Würzburgs und Heilbronns ersuchen bei ihm außerdem Menschen Hilfe, die unter Augenkrankheiten, Gicht und Rheuma leiden. Auf Abbildungen hält der Märtyrer seine Attribute den Bischofsstab, das Buch und das Schwert. Häufig sind an seiner Seite auch die Gefährten Kolonat und Totnan dargestellt – im Leben und im Tod mit Kilian vereint.