Thema Missbrauch – Brief an Pfarreiräte und Kirchenvorstände

Bischof Genn: Bin bereit, auch meinerseits Macht abzugeben

Veröffentlicht am 16.07.2019 um 11:42 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Zuletzt hatte Münsters Bischof Felix Genn einem seiner Priester wegen der Verhamlosung von Missbrauch alle Befugnisse entzogen. Jetzt schreibt er einen Brief an die Pfarreiräte und Kirchenvorstände seiner Diözese. Darin geht es auch um eine Neuverteilung von Macht.

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Der Münsteraner Bischof Genn will mit Blick auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche auf Teile seiner eigenen Macht verzichten. "Als Bischof bin ich dazu bereit, auch meinerseits Macht abzugeben und mich beispielsweise auch einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterzuordnen", schreibt Genn am Dienstag in einem Brief an die Mitglieder in den Pfarreiräten und Kirchenvorständen. Die Macht in der Kirche müsse neu verteilt werden. Zudem solle bei der Lösung von entscheidenden Fragen in allen zentralen Gremien mehr externer Sachverstand einfließen.

In dem Schreiben, dem ein 20-seitiger Flyer beigelegt ist, informiert der Bischof darüber, "was wir als katholische Kirche im Bistum Münster konkret im Kampf gegen sexuellen Missbrauch bereits getan haben und weiterhin tun werden". Insgesamt beantwortet der Flyer rund ein Dutzend Fragen, etwa ob das Bistum Münster mit der Staatsanwalt zusammenarbeitet, was mit Priestern und anderen Mitarbeitern passiert, die des Missbrauchs beschuldigt werden, oder wie man in der Diözese mit Betroffenen umgeht.

Jenseits der Schuld und Verantwortung einzelner Täter und Beschuldigter, sowie derjenigen, die Täter und nicht Opfer geschützt hätten, gebe es aber auch systemische Bedingungen, die sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche begünstigten, so Genn weiter. Die zwingende Konsequenz sei daher, "dass wir diese systemischen Bedingungen soweit als möglich verändern". Daran arbeite man mit Unterstützung auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz. Man werde sich bei zentralen Fragen aber "auch mit den Verantwortlichen der Weltkirche besprechen und auseinandersetzen".

Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) am 18. November 2016 in Bonn-Bad Godesberg.
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wollen sich der Münsteraner Bischof Felix Genn und seine Amtsbrüder den systemischen Ursachen des Missbrauchsskandals stellen.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) einen "synodalen Weg" für die katholische Kirche in Deutschland beschlossen. Der Startschuss fällt am ersten Advent. In vier Foren werden die Themen "Macht, Partizipation, Gewaltenteilung", "Sexualmoral", "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" und "Priesterliche Lebensform" behandelt. Letzteres Forum leitet Bischof Genn. Der Reformprozess ist zunächst auf zwei Jahre angelegt und soll zu verbindlichen Ergebnissen führen.

Genn bedankt sich in seinem Brief bei allen Pfarreiräten und Kirchenvorstandsmitgliedern dafür, dass diese sich trotz der Belastung durch das Thema Missbrauch weiter engagierten. "Das ist alles andere als selbstverständlich." Zeitgleich ermutigte er sie, sich mit weiteren Anregungen, Ideen und Vorschlägen in die Debatten einzubringen. So könne es vielleicht gelingen, "eine Kultur des offenen und gerne auch konstruktiv-kritischen unmittelbaren Dialogs zu etablieren".

Zuletzt hatte der Münsteraner Bischof einem seiner Geistlichen wegen dessen Aussagen zum Thema Missbrauch alle priesterlichen Befugnisse entzogen. Der emeritierte Pfarrer Ulrich Zurkuhlen hatte für Vergebung für Missbrauchstäter geworben und anschließend seine Verwunderung darüber geäußert, warum sich viele Missbrauchsopfer erst so spät gemeldet hätten. Genn zeigte sich daraufhin "fassungslos" und untersagte Zurkuhlen jeglichen Dienst als Seelsorger sowie die öffentliche Zelebration und Predigt. Außerdem wurden dem Priester die Beichtvollmacht entzogen und die Bezüge gekürzt. (bod)