"So schnell wie möglich" Hilfsfonds für Opfer

Primas von Polen: Wir werden Missbrauch gründlich aufarbeiten

Veröffentlicht am 30.07.2019 um 12:34 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ In Polen steckt die Kirche mitten in einem Missbrauchsskandal. Der polnische Primas hat nun versprochen, dass die Bischöfe des Landes die sexuellen Vergehen gründlich aufarbeiten. Doch er beteuerte auch, niemals persönlich Missbrauch in der Kirche begegnet zu sein.

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Der Primas der katholischen Kirche in Polen, Erzbischof Wojciech Polak, hat eine gründliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals angekündigt. Die Bischofskonferenz sei sich einig, "dass wir unser Vorgehen im Umgang mit sexuellem Missbrauch noch einmal vertiefen und systematisieren werden", sagte er in einem Interview der "Herder Korrespondenz" (August). Dazu zählten kirchenrechtliche Schritte, eine "erneute Sensibilisierung der Priester" sowie eine weitere, "ausführlichere Untersuchung" der Situation. Zudem arbeite man an einem Hilfsfonds für Missbrauchsopfer, der "so schnell wie möglich" kommen solle. Schon jetzt helfe die Kirche Opfern mit Zahlungen für Anwaltskosten oder psychologische Behandlung. Entschädigungen könnten in Polen aber nur die Täter zahlen.

Im März hatte die Bischofskonferenz erstmal detaillierte Angaben zum Ausmaß der sexualisierten Gewalt von Geistlichen gegen Kinder und Jugendliche gemacht. Mutmaßlich 382 Priester und Ordensmänner missbrauchten laut kirchlichen Akten, die von Januar 1990 bis Juni 2018 angelegt wurden, Minderjährige. Die Akten umfassen demnach Anzeigen zu Fällen, die bis ins Jahr 1950 zurückreichen. Von den 625 Opfern seien 345 unter 15 Jahre alt gewesen. 2018 hatte der Dokumentarfilm "Nur sag es niemandem" die Debatte um sexuelle Gewalt durch Priester in Polen angeheizt.

Polak beteuert, zuvor nie von Missbrauch in der Kirche erfahren zu haben

Polak beteuerte, er sei in den Jahrzehnten seiner Zeit als Priester niemals mit dem Problem von Missbrauch innerhalb der polnischen Kirche konfrontiert worden. "Als Seelsorger, auch als Beichtvater, habe ich davon nie etwas gehört", so der Gnesener Erzbischof und Kinderschutzbeauftragte der Bischofskonferenz. Polak wies zurück, den Zölibat als Hauptursache für das Problem zu sehen. Vielmehr gehe es um einen "Mangel an psychosexueller Reife" bei den Tätern. "Hier müssen wir gegensteuern: in der Priesterausbildung, aber auch danach, im pastoralen Dienst, das ganze Berufsleben lang." Auch einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und sexuellem Missbrauch verneinte der Erzbischof. Es gebe keine ernstzunehmende Studie, die dafür spreche.

Polak ist seit 2014 Erzbischof von Gnesen und damit Primas der Kirche in Polen. Bis 2004 war mit diesem Ehrentitel auch der Vorsitz der Polnischen Bischofskonferenz verbunden. Seit 15 Jahren sind beide Ämter jedoch formal und tatsächlich voneinander getrennt. (rom/KNA)