Ipolt: Messdiener schämten sich, Fronleichnamsprozession mitzulaufen
Mit einer Wallfahrt hat das katholische Bistum Görlitz am Sonntag seiner Gründung vor 25 Jahren gedacht. "Wir sind eine qualifizierte Minderheit, die bedeutungsvoll ist, das dürfen wir mit demütigem Selbstbewusstsein sagen", sagte Bischof Wolfgang Ipolt beim Festgottesdienst im Kloster Neuzelle. "Die Medien nehmen von uns Notiz, Journalisten fragen nach unserer Meinung und geben uns die Möglichkeit, das Evangelium zu verbreiten." Dem kleinsten deutschen Bistum gehören aktuell etwa 29.700 Katholiken an.
Ipolt rief die Christen auf, in der Gesellschaft einzutreten "für den Schutz des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum Tod, für die Keimzelle der Gesellschaft - die Familie, für Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, für Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten". Zugleich sagte Ipolt, es habe ihn nachdenklich gemacht, dass in diesem Jahr Messdiener nicht bei der öffentlichen Fronleichnamsprozession mitmachen wollten, "weil sie sich geschämt haben, in der Öffentlichkeit als aktiver Christ erkannt zu werden". Der Bischof appellierte an die Gläubigen, Kindern und Jugendlichen zu helfen, für ihren Glauben einzustehen, "ohne Ängste und Minderwertigkeitskomplexe, sondern mit Freude und Dankbarkeit".
Einziges deutsches Bistum mit Gläubigenzuwachs
Ipolt griff in seiner Predigt auch die Tatsache auf, dass Görlitz das einzige deutsche Bistum ist, das im vergangenen Jahr laut Statistik einen Zuwachs von Gläubigen verzeichnete. "Aber zahlenmäßiges Wachstum ist nicht alles - es muss daraus ein geistliches Wachstum werden", betonte der Bischof und rief die Pfarreien auf, den Zuwachs durch Polen und geflüchtete Menschen als Bereicherung anzusehen und zu nutzen. An den Feierlichkeiten in Neuzelle nahmen auch der deutsche Papst-Botschafter, Erzbischof Nikola Eterovic, Weihbischof Andrzej Siemieniewski aus dem polnischen Erzbistum Breslau sowie der Berliner Weihbischof Mathias Heinrich teil.
Seit 1994 war die Katholikenzahl im Bistum Görlitz unter anderem durch Abwanderung von damals 55.000 stetig gesunken. Durch Zuwanderung aus Polen stieg sie in den vergangenen Jahren wieder an. So kommt inzwischen mehr als jedes dritte Mitglied der katholischen Pfarrgemeinde in Görlitz aus dem Nachbarland.
Zeitgleich mit der Gründung der Bistümer Erfurt und Magdeburg hatte Papst Johannes Paul II. das Görlitzer Kirchengebiet am 8. Juli 1994 zu einer Diözese erhoben. Sie umfasst die Regionen des früheren Erzbistums Breslau in Brandenburg und Sachsen, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei Deutschland verblieben. Die Bistumsgründungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hatte der Vatikan nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit dem Einverständnis der deutschen Diözesen beschlossen. Zuvor waren die Kirchengebiete zwar ähnlich wie Bistümer verwaltet worden, ihnen kirchenrechtlich jedoch nicht gleichgestellt.
Mit einem Festakt in der Kathedrale St. Sebastian hatte auch das Bistum Magdeburg am Samstag sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Bischof Gerhard Feige äußerte sich dabei positiv über die Zukunft der ostdeutschen Diözese. Er sei zuversichtlich, "dass – auch wenn die äußere Gestalt von Kirche sich noch dramatischer verändern wird als bisher – wir auch weiterhin Möglichkeiten finden, vielfältig und lebendig Kirche zu sein", sagte Feige vor rund 200 Gästen. Die Geschichte der Kirche und ihr gegenwärtiger Zustand zeigten, dass sie auch unter schwierigsten Umständen Wurzeln schlagen und ihrer Sendung gerecht werden könne. (tmg/KNA)