Roger Etchegaray gestorben – nach nur einem Tag als ältester Kardinal
Roger Etchegaray, emeritierter Vizedekan des Kardinalskollegiums und früherer französischer Kurienkardinal, ist tot. Der älteste der Kardinäle der katholischen Weltkirche starb an diesem Mittwoch im Alter von 96 Jahren, wie das südfranzösische Bistum Bayonne mitteilte. Er sei am späten Nachmittag friedlich eingeschlafen, hieß es. Der aus Espelette im Baskenland stammende Etchegaray war von 1984 bis 1998 Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Zudem war er maßgeblich an der Organisation des Heiligen Jahres 2000 beteiligt. Am 25. September wäre er 97 Jahre alt geworden.
Erst am Dienstag war in Kolumbien der bis dahin älteste Kardinal, Jose de Jesus Pimiento Rodriguez, im Alter von 100 Jahren verstorben. Der Alterzbischof von Manizales erlag den Folgen eines Herzinfarkts. Ältester der Kardinäle ist nunmehr Albert Vanhoye, französischer Theologe und Jesuit. Der 96-Jährige ist einer der wenigen Kardinäle, die nicht die Bischofsweihe empfangen haben.
Etchegaray wurde vom Papst wiederholt mit heiklen Missionen in Krisengebiete betraut und galt viele Jahre lang selbst als möglicher Kandidat für das Papstamt. Johannes Paul II. (1978-2005) entsandte ihn etwa 2003 kurz vor Ausbruch des Irak-Kriegs nach Bagdad, um Saddam Hussein zu einem Einlenken zu bewegen. Zuletzt schickte ihn Benedikt XVI. (2005-2013) im August 2006 während des Krieges zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz zur Vermittlung in den Libanon. 2014 erhielt er das Großkreuz der Französischen Ehrenlegion.
Am Donnerstagmorgen gedachte Papst Franziskus Etchegarays bei seiner Messe in der Nuntiatur in Maputo/Mosambik, wo er am Vortag seine Afrika-Reise begann. In seinem Beileidstelegramm an die Diözese Bayonne würdigte er den Verstorbenen als einen hoch geschätzten Ratgeber, im Vatikan und besonders auch in "schwierigen Situationen für das Leben der Kirche in verschiedenen Weltregionen". Etchegaray habe das Leben der Kirche in Frankreich und das der Universalkirche "tief geprägt". Die Französische Bischofskonferenz würdigte ihren früheren Vorsitzenden als "warmherzig und bescheiden".
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Etchegaray wurde am 25. September 1922 als Sohn eines Landmaschinenmechanikers geboren. Vor seiner Berufung nach Rom leitete er ab 1970 für 14 Jahre das Erzbistum Marseille. Zweimal war er Vorsitzender der Französischen Bischofskonferenz; in den 70er Jahren war er erster Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). 1979 verlieh ihm Johannes Paul II. die Kardinalswürde.
Etchegaray war bei einer Messe im Petersdom 2015 schwer gestürzt und wurde mit einem Beckenbruch in die Klinik eingeliefert. Er hatte das Gleichgewicht verloren, als Papst Franziskus nach der Messe auf ihn zuging, um ihn persönlich zu begrüßen. Bereits 2010 war Etchegaray im Petersdom gestürzt und hatte sich einen Beckenbruch zugezogen, als eine junge Schweizerin bei der Weihnachtsmesse die Barrieren übersprang, um sich Papst Benedikt XVI. zu nähern.
Das Kardinalskollegium hat nach dem Tod Etchegarays noch 213 Mitglieder. Anfang Oktober nimmt Papst Franziskus 13 weitere Geistliche in seinen Senat der Kirche auf. Insgesamt sind dann 128 Kardinäle unter 80 Jahre alt und damit bei einer künftigen Papstwahl stimmberechtigt. Allerdings scheiden bereits bis Mitte Oktober vier von ihnen altersbedingt aus dem Kreis der Wähler aus. (rom/KNA)
05.09.2019, 14 Uhr: ergänzt um den vierten Absatz. /rom